Ein Roman von Michael Atamanov
Kräutersammler
der Finsternis
Buch
1
Der Videospieltester
„HABEN SIE schon
einmal Reich ohne Grenzen gespielt?“,
eröffnete der HR-Mitarbeiter mittleren Alters das Vorstellungsgespräch mit
ausgerechnet der Frage, die ich am meisten gefürchtet hatte.
Laut Stellenanzeige
musste ich unbedingt eine Anforderung erfüllen: Ich durfte das Spiel noch nie
gespielt haben. Wenn ich die Frage mit „ja“ beantwortete, würde das Gespräch
vermutlich so schnell beendet sein wie es begonnen hatte.
„Spielen Sie
irgendwelche anderen bekannten Spiele, äh … Timothy?“, fragte er, nachdem er
meinen Namen auf dem Bildschirm vor sich gelesen hatte. Er schien einen langen
Tag hinter sich zu haben und war bestimmt müde.
„Ja, natürlich. Ich bin
seit ungefähr 6 Jahren ein Gamer. Ich habe ziemlich lange Königreiche der Schwerter und Magie gespielt.“
„Gamer“, murmelte er
geringschätzig und runzelte die Stirn. Der umgangssprachliche Ausdruck schien
ihm nicht zu gefallen. „Und wie haben Sie sich im Spiel unserer Konkurrenz
geschlagen? Haben Sie besondere Leistungen erbracht, Timothy?“
Sollte ich ihm die
Wahrheit sagen oder war es unklug, einem Fremden solche Details zu verraten?
Trotz meiner Bedenken entschied ich, das Risiko einzugehen.
„In den letzten 5 Jahren
war es meine einzige Einkommensquelle. Ich habe natürlich nicht genug für eine
Luxusjacht oder eine Villa auf einer tropischen Insel oder so etwas verdient,
aber es war mehr als genug, um davon leben und mein Studium bezahlen zu
können.“
„Warum sagen Sie
‚natürlich nicht genug für eine Jacht’?“, hakte er nach, ehe er zu meiner
Überraschung lachte. „Die Spitzenspieler von Reich ohne Grenzen verdienen ohne große Anstrengung genug für ein
seetüchtiges Boot. Doch soweit ich weiß, verstößt das Entnehmen von Spielgeld
bei KSM gegen die Regeln. Möchten Sie
mir ein bisschen mehr darüber erzählen, Timothy?“
Ich hatte wohl die
falsche Entscheidung getroffen. Ich hätte nichts davon erwähnen sollen. War
dies das Ende? Würde ich abgelehnt werden? Aber der Mann bestand nicht auf
einer Antwort. Stattdessen stellte er eine völlig andere Frage.
„Warum wollen Sie mit KSM aufhören? Doch das können wir wohl überspringen,
die Antwort liegt auf der Hand. Die Anzahl der aktiven Spieler ist stark
gesunken. Mehr und mehr Leute wechseln zu Reich
ohne Grenzen. Es ist schließlich unterhaltsamer und realistischer. Das Geld
muss einfach ausgegangen sein.“
Ich nickte nur, denn
ich hatte dem nichts hinzuzufügen. Früher hatte unser Clan zwischen 5.000 und 7.000
Spieler für PvP-Raids in feindlichen Gebieten oder zur Vernichtung eines
Superbosses zusammentrommeln können. Doch diese Zeiten waren lange vorbei.
Gestern hatten wir gerade mal 15 Spieler für einen Angriff auf eine feindliche
Burg zusammenbringen können und 3 davon waren Newbies gewesen, die erst eine
Woche im Spiel waren. Aber dennoch … wir hatten die Burg gestürmt! Der einzige
Verteidiger des feindlichen Clans, der übrig gewesen war, schien froh zu sein,
die Bürde loszuwerden. Er hatte uns viel Glück gewünscht und versucht, uns sein
Konto aufzuschwatzen, weil er das Spiel verlassen wollte, um bei Reich ohne Grenzen einzusteigen.
Da hatte ich beschlossen,
dass es an der Zeit war, das sinkende Schiff zu verlassen, bevor es von der
Konkurrenz völlig versenkt wurde. Es war natürlich sehr ärgerlich, all das Geld
zu verlieren, das ich in das Spiel gesteckt hatte. Nach dem tragischen Tod
meiner Eltern hatte ich ihre Wohnung geerbt, doch ich musste sie verkaufen, um
die Arztrechnungen meiner Schwester bezahlen zu können. Danach war noch eine
ordentliche Summe übrig gewesen, weshalb ich beschlossen hatte, in eine
virtuelle Immobilie in der Nähe einer Hauptstadt in KSM zu investieren. Zu der Zeit war Königreiche der Schwerter und Magie rasant gewachsen und es schien
eine gute Anlage zu sein.
Wer hätte ahnen können,
dass das bis dahin unbekannte Unternehmen Reich
ohne Grenzen nur 2 Wochen nach meiner riskanten Anschaffung seine eigenen
Spielserver starten würde? Hätte irgendjemand voraussehen können, dass es in
nur 3 Jahren zum weltweit größten und reichsten Unternehmen werden sollte, das
viele hundert Millionen Spieler weltweit in seine äußerst realistische Welt
ziehen würde? Der Wert meiner virtuellen Immobilie in Königreiche war so stark gefallen, dass er nicht einmal mehr die
Zeit rechtfertigte, die ich damit verbracht hatte, sie zu bauen.
Der HR-Mitarbeiter
verbrachte einige Minuten damit, sich meinen Lebenslauf genauer anzusehen,
bevor er mich anblickte und lächelnd sagte: „Ein menschlicher Paladin auf Level
310, ein Dunkelelfen-Bogenschütze auf Level 270, ein Halbelfen-Magier auf Level
190 ... Nicht schlecht, gar nicht schlecht, Timothy. Hat man Sie darauf
aufmerksam gemacht, dass Spieler in Reich
ohne Grenzen nur einen Charakter haben können, der nicht geändert oder
gelöscht werden darf? Auf diese Weise gehen wir sicher, dass unsere Spieler
ihre Charaktere wirklich verstehen und eine enge Verbindung zu ihnen aufbauen.
Nur dann erleben sie die Spielwelt als echte Realität.”
Ich nickte nur, ohne
etwas zu sagen. Natürlich wusste ich das. Es war der Punkt, über den ich mir am
meisten Sorgen machte, seitdem ich die Online-Stellenanzeige für Reich ohne Grenzen-Spieltester gesehen hatte.
Mein Problem war, dass ich schon einmal versucht hatte, Reich ohne Grenzen zu spielen. Doch das war vor über 3 Jahren
gewesen. Zu der Zeit war es noch eine offene Beta-Version gewesen, die mir
etwas „halbgar” erschien. Es gab weder Übungsszenarien, Anleitungen, noch
Ingame-Hinweise. Die Stelle, an der ich gestartet war, hatte grob und
unvollständig ausgesehen. Keine „prächtigen, lockenden Horizonte” oder
„hinreißend echten Sonnenuntergänge”, wie die Werbung es jetzt versprochen
hatte. Damals hatte es all das in Reich
ohne Grenzen nicht gegeben.
Außerdem hatte ich nur 7
Minuten gespielt. Mein Charakter war ein Level-1-Barbar gewesen, ich hatte eine
zweihändige Axt gewählt und den Startbereich verlassen. Gleich neben dem Dorf
war ich auf eine Gruppe von Level-70-Vampirfledermäusen getroffen - und eine
Sekunde später war ich tot gewesen. Als ich die Nachricht erhalten hatte, dass
ich eine ganze Stunde warten müsste, um zum Spawnpunkt zurückkehren zu dürfen,
hatte ich das unausgereifte, unausgewogene Spiel verflucht und es von meinem
Computer gelöscht. Jetzt hoffte ich, dass mich mein früherer, fehlgeschlagener
Versuch nicht daran hindern würde, einen Job als „Videospieltester” zu
bekommen, wie die Position in der offiziellen Stellenanzeige ausgeschrieben war,
um die ich mich in diesem Gespräch bewarb.
„Was gibt es noch zu
sagen, Timothy? Sie haben wirklich viel Erfahrung mit Videospielen und keine
physischen oder psychischen Probleme. Ich sehe keinen Grund, warum Sie nicht
für unser Unternehmen arbeiten sollten”, erklärte der Mann mit einem Lächeln
und reichte mir ein Tablet mit einem Fragebogen. Er bat mich, in dem kleinen
Nebenzimmer Platz zu nehmen, den Bogen auszufüllen und dann auf den Beginn des
Einführungsgesprächs zu warten.
Ich ging in das Zimmer,
holte mein Handy heraus und tat so, als ob ich ein Selfie vor dem coolen Poster
mit dem blauen Wasserdrachen machen würde, während ich eine Nachricht sendete: Das Vorstellungsgespräch ist gut gelaufen.
Gleich darauf vibrierte
mein Handy. Es war die Antwort: Keine
Eile, aber was bieten sie dir an? Ich sehe mich mal in den Foren um.
Dann setzte ich mich
auf einen Stuhl und begann, auf dem Tablet Kästchen anzukreuzen. Die Fragen
konzentrierten sich auf meine Gesundheit, mein Familienleben, Vorstrafen und
schlechte Gewohnheiten. Der zweite Teil war völlig anders und zielte darauf ab,
herauszufinden, welcher Spielcharakter am besten zu meiner Persönlichkeit
passte.
Neben mir saßen andere
Jobsucher, die ebenfalls auf ihren Tablets herumtippten. Die meisten der Männer
und Frauen waren in meinem Alter, einige waren älter und es waren sogar einige
Senioren dabei. Es dauerte nicht lange, bis ich einen Eindruck von meinem
zukünftigen Arbeitsumfeld hatte. Da waren Schüler, die wegen Abwesenheit oder
schlechter Noten von der Schule verwiesen worden waren, Büroangestellte, deren
Stellen abgebaut worden waren, gescheiterte Börsenmakler, hoffnungslose
Spielsüchtige und verzweifelte Ruheständler, die es nicht geschafft hatten,
eine passendere Arbeit zu finden ... Mit anderen Worten: Die Leute, die um mich
herum saßen, waren Verlierer, die keinen Platz in der realen Welt gefunden
hatten.
Ich sah mich zwar nicht
als Verlierer, doch ich passte trotzdem in diese Gruppe. Ich war schon 22 Jahre
alt, hatte aber keinen Job, keine Freundin, kein Geld und keine eigene Wohnung.
Ich unterschied mich also nicht viel von den anderen. Ich war nicht dumm, ich
besaß einen Abschluss in chemischer Forschung. Ich war in der Lage, eine
Unterhaltung zu führen, sah nicht schlecht aus und war einigermaßen sportlich.
Es fiel mir auch nicht schwer, mit Frauen zurechtzukommen, doch aus irgendeinem
Grund hatten alle meine Freundinnen mich wegen anderer Typen verlassen. Sobald
sie herausfanden, dass ich mich um meine gehbehinderte Schwester kümmern
musste, machten sie sich aus dem Staub. Das war zwar schade, doch ich würde
meine Schwester niemals wegen einer oberflächlichen Beziehung aufgegeben.
Meine Schwester Valeria
war zur Zeit des Unfalls 11 Jahre alt gewesen. Mein Vater hatte am Steuer des
fliegenden Familienautos gesessen, als es mit dem eines Diebes zusammenstieß,
der auf der Flucht vor der Polizei war. Durch den Aufprall und dem daraus
resultierenden 30 Meter tiefen Fall waren meine Mutter und mein Vater sofort
getötet worden. Meine jüngere Schwester überlebte, doch sie verlor beide Beine
und erlitt schwere Verletzungen und Knochenbrüche. Die Polizei hatte ermittelt,
dass mein Vater schuldlos gewesen war, doch das machte die Sache auch nicht
leichter. Ich hatte unsere Wohnung in einer guten Gegend der Stadt verkaufen
müssen, um Vals Behandlung und andere Rechnungen bezahlen zu können.
Ich wurde Valerias
Erziehungsberechtigter, ihr Freund und Psychologe. Ich ersetzte ihr die ganze
Welt. Am schwersten war die Zeit gleich nach dem Unfall gewesen. Valeria litt
ständig unter starken Schmerzen und sah keinen Grund, weiterzuleben. Sie bat
mich oft, ihr eine Handvoll Schlaftabletten zu geben, damit sie nicht mehr
aufwachen müsste. Ich tat mein Bestes, um meine Schwester zu trösten und sie
davon zu überzeugen, keinen Selbstmord zu begehen. Tatsächlich wurde ihr
Lebenswille nach und nach stärker.
Wir versuchten viele
Dinge, um ihre Stimmung zu heben, und es stellte sich heraus, dass Spaziergänge
das beste Mittel waren. Wir wohnten neben einem großen, schönen Park, in dem
wir uns oft aufhielten. Leider mussten wir bald aus dem Stadtzentrum an den
Stadtrand ziehen, weil uns das Geld fehlte. Kurz danach wollte Val keine
Spaziergänge mehr machen. Meine Schwester konnte die Witze und das Gelächter
der Nachbarskinder nicht aushalten. Sie nannten sie Krüppel und bewarfen sie
sogar mit Steinen. Es war einfach zu viel.
Doch dann fand sie eine
neue Möglichkeit, ihre Behinderung zu vergessen. In virtuellen
Computerspiel-Welten konnte sie sich austoben und wieder schöne Umgebungen
genießen. Dieser neue Zeitvertreib brachte uns aber kein Geld ein. Ganz im
Gegenteil. Die Situation hatte sich besonders in den letzten Monaten
verschlechtert, als deutlich wurde, dass die Spielwelt, die sie einige Jahre
zuvor gewählt hatte, Königreiche der
Schwerter und Magie, zu Ende zu gehen drohte.
Ich schüttelte den
Kopf, um die traurigen Gedanken zu verscheuchen, und kehrte zu dem Fragebogen
zurück. Nachdem ich alle Fragen beantwortet hatte, kam ich zum letzten Punkt,
der gewünschten Zahlungsart. Es gab 2 Optionen: Ein monatliches Festgehalt oder
die Möglichkeit, virtuelle Währung zu entnehmen und sie gegen reales Geld
einzutauschen. Wie bei den meisten MMOs war es in Reich ohne Grenzen normalerweise nur erlaubt, Geld einzuzahlen. Man
konnte zwar reales Geld ins Spiel investieren, doch es war nicht möglich, es
wieder zu entnehmen. Nur für die Angestellten des Unternehmens wurde eine
Ausnahme gemacht. Wenn sie wollten, konnten sie anstatt eines realen Gehalts
virtuelle Währung aus dem Spiel entnehmen.
Was mich betraf, war
das der Grund, warum ich unbedingt für das Unternehmen von Reich ohne Grenzen arbeiten wollte. Keine Firma würde einem der
kläglichen Verlierer, die mit mir in diesem Zimmer saßen, ein festes Gehalt
zahlen. Doch wenn man Spielgeld auf legale Weise in reales Geld umtauschen
könnte ... Die Möglichkeiten waren nicht abzusehen. Mein Charakter könnte im
Spiel reich werden und damit meine finanziellen Probleme im realen Leben lösen.
Meiner Schwester und mir war natürlich klar, dass auf jeden Spieler, der Glück
hatte, Tausende kamen, die die falsche Wahl trafen, hart arbeiteten und
höchstwahrscheinlich doch nur den Mindestlohn verdienten. Aber wir hatten
unsere Entscheidung gemeinsam und bewusst getroffen.
Die rundliche Frau
mittleren Alters, die neben mir saß und den Eindruck einer Buchhalterin
vermittelte, stieß mich an. Sie war bei einer Frage über „Charisma” angelangt
und fragte ihre Nachbarn nun laut flüsternd, was das Wort bedeutete. Ich konnte
nicht verstehen, was der Mann antwortete, der zu ihrer anderen Seite saß, aber
er versuchte, eine ernste Miene beizubehalten. Die Frau errötete und trug ihre
Antwort mit der Schnelligkeit eines Druckers auf ihrem Tablet ein. Dabei
verdeckte sie mit der linken Hand, was sie schrieb. Ich schüttelte den Kopf.
Wenn das meine Konkurrenz war ... Ich kreuzte zuversichtlich die Option
„Virtuelle Währung entnehmen” an.
Die Entscheidung war
getroffen, jetzt gab es kein Zurück mehr. Ich versuchte, das unangenehme Gefühl
der Angst loszuwerden, das mich beschlich, wenn ich an mein leeres Bankkonto
dachte. Doch das war nicht alles. Da gab es noch den überfälligen Kredit,
dessen Zinsen sich langsam, aber sicher anhäuften. Wenn ich in den nächsten
Wochen nicht wenigstens einen Teil davon abbezahlen konnte, würde die Bank
meine Karte sperren. Außerdem hatten meine Schwester und ich seit 3 Monaten
keine Miete mehr bezahlt. Unsere Vermieterin hatte bereits damit gedroht, uns
rauszuwerfen. Es würde äußerst schwierig sein, ohne festes Gehalt auszukommen.
Trotzdem hatte ich
beschlossen, das Risiko einzugehen, genau wie damals, als ich die
Ingame-Immobilie in Königreiche der
Schwerter und Magie gekauft hatte. Doch dieses Mal setzte ich nicht nur
eine Zwei-Zimmer-Wohnung aufs Spiel, sondern alles, was meine Schwester und ich
noch besaßen.
* * *
„HALLO UND WILLKOMMEN!” Ein
elegant gekleideter, dunkelhäutiger Mann mit dunklen Locken betrat die kleine
Bühne. „Mein Name ist Alexandro Lavrius. Ich bin Direktor der Abteilung
Sonderprojekte des Unternehmens von Reich
ohne Grenzen. Sie wurden ausgewählt, um unter meiner Leitung als
Videospieltester zu arbeiten. Was ist mit dem Mikrofon los?”
Das Mikrofon gab einen
lauten Pfeifton von sich, sodass meine Ohren schmerzten. Die junge Assistentin
des Direktors sprang schnell auf die Bühne und stellte das Mikrofon ein, das an
Alexandros Kragen befestigt war. Der Direktor warf ihr einen unzufriedenen
Blick zu, der nichts Gutes versprach, und fuhr fort: „In Ordnung, jetzt sollte
es funktionieren. Zuerst eine kurze Einführung. Das virtuelle Reich ohne Grenzen, in dem Sie arbeiten
werden, ist sehr groß. Es ist nicht grenzenlos, wie der Name vielleicht
vermuten lässt, doch es hat eine beachtliche Größe. Es ist jetzt schon größer
als unsere Erde, Sie können also praktisch grenzenlos herumreisen und neue,
interessante Orte entdecken.
Zurzeit gibt es etwa
240 Millionen Spieler in Reich ohne
Grenzen und diese Zahl steigt pro Monat um etwa 2 bis 3 Millionen. Man
könnte meinen, unser Unternehmen wäre stolz darauf, würde sich auf seinen
Lorbeeren ausruhen und das Geld einfahren. Das ist aber nicht der Fall. Unser
Management lässt sich ständig neue, noch grandiosere Pläne einfallen, die
Entwicklung des Spiels ist nach wie vor in vollem Gange. Die Planungsabteilung
sieht jedoch bestimmte Risiken für die mittelfristige Zukunft und die
Direktoren sind der Meinung, dass eine reale Gefahr besteht.
Wir sehen 2
Hauptprobleme. Erstens: Trotz der vielen verschiedenen Völker und ihren
einzigartigen Charakteristiken in Reich
ohne Grenzen wollen 78 Prozent der Spieler als Menschen spielen. Das ist
eine deutliche Unausgewogenheit. Wenn wir außerdem in Betracht ziehen, dass 17
Prozent als verschiedene Arten von Elfen und Halbelfen spielen und 3 Prozent
als Zwerge, kommen wir direkt zur Wurzel des Problems. Nur 2 Prozent wählen ein
anderes Volk aus den über 100 verfügbaren Möglichkeiten.
Es gibt vielfältige
Gründe für dieses Ungleichgewicht. Vor allem haben potenzielle neue Spieler
praktisch keine positiven Gamer-Vorbilder, die weniger beliebte Völker gewählt
haben. Die Spielforen sind voll von detaillierten Anleitungen über menschliche
Paladine, Waldelfen-Bogenschützen und Halbelfen-Assassinen. Daher ist es keine
Überraschung, dass neue Spieler Angst haben, einen unbekannten Pfad zu wählen.
Weil sie nur einen Charakter haben können, wollen sie kein Risiko eingehen. Das
Ergebnis ist, dass sie menschliche Paladine, Elfen-Bogenschützen und
Dunkelelfen-Nekromanten erstellen, die es in unserer Welt schon im Überfluss
gibt. Unsere bisherigen Nutzer verlieren zu Recht ihr Gefühl der
Einzigartigkeit und ihr Interesse am Spiel, weil sie jeden Tag mehrere exakte
Ebenbilder von sich selbst treffen.
Das zweite Problem
betrifft die Wahl der Wohnorte. Vor unseren Spielern erstreckt sich ein wahres Reich ohne Grenzen, das sich nach Bedarf
erweitern lässt. Trotzdem wird die momentan existierende Karte kaum genutzt. Fast
90 Prozent der Spieler leben in einer der wenigen Megastädte oder in deren
unmittelbarer Nähe.
Zu dieser
Überbevölkerung kommt es vor allem aus wirtschaftlichen Gründen. Städte
verfügen über Ressourcen, dort zirkuliert das Geld und es gibt Banken, bei
denen die Spieler ihren Besitz sicher verwahren können. Darum wollen Spieler
trotz der hohen Preise für Immobilien und Ressourcen immer noch in diesen
Städten leben. Millionen wunderschöner Orte, die von talentierten Designern
gestaltet wurden und in denen es einzigartige Missionen und Einheimische gibt,
bleiben ungenutzt. Außerdem bemerken wir wachsenden Unmut bei den Spielern, die
das Gefühl haben, es gäbe nichts mehr zu entdecken und es werde langsam
langweilig.
Warum erzähle ich Ihnen
das alles? Wie Sie wahrscheinlich schon erraten haben, darf niemand von Ihnen
menschliche oder elfische Charaktere wählen und niemand wird ein weiterer
Ritter oder Bogenschütze. Das würde unserem Unternehmen ganz und gar nicht
gefallen.
Sie beginnen das Spiel
in weit entfernten Wildnissen, von denen aus es äußerst schwierig sein wird,
dicht besiedelte Orte zu erreichen. Sie starten das Spiel alle an einer anderen
Stelle und werden mit größter Gewissheit Gefahren und Problemen begegnen. Das
ist kein Zufall. Die Testgruppen haben gezeigt, dass die Herausforderung,
schwierige Situationen erfolgreich zu bewältigen, der Faktor ist, der unsere
Spieler in der Spielwelt hält.
Wir hoffen, dass mit
der Zeit alle Newbies an solchen Orten beginnen werden, weshalb eine Ihrer
Missionen darin besteht, zu testen, ob Ihr Charakter unter diesen schwierigen
Bedingungen überleben und leveln kann.
Ihre Gruppe ist eine
von mehreren, die in den vergangenen Wochen ausgewählt wurden, um neue,
ungewöhnliche Volk- und Klassenkombinationen auszuprobieren, nicht ohne dabei
einige blaue Flecken davonzutragen. Sie werden interessante Wegbereiter sein,
die die Vorteile Ihrer ungewöhnlichen Völker, Klassen und Berufe eloquent
beschreiben sollen.
Ein Wort zur Warnung: Um
die Probezeit zu bestehen, müssen Sie unter anderem innerhalb einer Woche Ihres
Spiels Level 20 erreichen. Nur wenige von Ihnen werden erfolgreich sein und
fest angestellt werden, da unser Unternehmen nur Charaktere und Geschichten
braucht, die bei bereits vorhandenen und potenziellen Spielern großes Interesse
finden. Doch auch wenn Sie die Probezeit nicht bestehen, gewinnen Sie
unschätzbare Erfahrungen im Bereich der Videospiele und erhalten eine
ausgezeichnete Gelegenheit, durch modernste Technologie mit all Ihren Sinnen in
Reich ohne Grenzen einzutauchen.
Jetzt erhalten Sie die
Charakterkarten, die Ihnen aufgrund Ihrer heutigen Testergebnisse automatisch
vom System zugewiesen wurden. Dann haben Sie die Möglichkeit, meiner
Assistentin Fragen zu stellen. Danach sollten Sie vor Ende des Geschäftstages
zur HR-Abteilung gehen, um Ihren Vertrag zu unterzeichnen, damit Sie morgen
Ihre Arbeit beginnen können.”
„Können wir heute schon
anfangen zu spielen?”, fragte ein rundlicher, junger Mann. Sein blasses Gesicht
war von Pickeln übersät.
Alexandro Lavrius sah
über uns hinweg auf die Uhr an der Wand, fragte seine Assistentin leise etwas
und antwortete dann: „Sie können erst anfangen, wenn Sie den Vertrag
unterschrieben haben. Denken Sie daran, dass es in Reich ohne Grenzen jetzt etwa 16 Uhr ist und dass es um 21 Uhr
dunkel wird. Nach dieser Einführung gehen Sie zur HR-Abteilung, dann zeigt man
Ihnen Ihren Arbeitsplatz und erklärt Ihnen, wie die virtuelle Realitätskapsel
benutzt wird. Anschließend müssen Sie einen Charakter erstellen, die
Übungsmission beginnen und einen sicheren Ort finden, an dem Sie die Nacht
verbringen können. Die Nächte außerhalb der Städte und anderer sicherer Orte
sind in Reich ohne Grenzen äußerst
hart und gefährlich. Höchstwahrscheinlich werden Sie von Monstern gefressen.
Sollte das passieren, verlieren Sie einige Erfahrungspunkte und eine ganze
Stunde, bevor Sie respawnen können. Falls Sie es trotzdem riskieren wollen,
heute anzufangen, spricht nichts dagegen. Falls Sie die erste Nacht überleben,
wird es eine nützliche Erfahrung sein und sich positiv auf Ihre weitere
Karriere als Tester auswirken.”
* * *
EIN GOBLIN-KRÄUTERSAMMLER??? Verständnislos
starrte ich auf meine Charakterkarte. Ich holte mein Handy heraus, um nach
Informationen über Goblins in Reich ohne
Grenzen zu suchen. Der erste Link belohnte mich mit folgendem Text aus
einem Forum:
Goblins
sind hinterlistige Mistkerle, die gemeine Streiche spielen, Gemüse aus Gärten
stehlen und Reisende angreifen, die allein unterwegs sind. Zum Glück sind
Goblins schwach, daher kann sogar ein totaler Newbie mit ihnen fertig werden.
Manchmal
findet man ganze Goblindörfer. Mit ihnen lässt sich gut Erfahrung sammeln,
sodass Anfänger leicht leveln können. Ich weiß nicht warum, aber die Entwickler
haben dieses NPC-Volk für Spieler verfügbar gemacht. Ich persönlich kann mir
nicht vorstellen, dass jemand dumm genug wäre, dieses grüne Gräuel zu wählen,
besonders in Anbetracht der restriktiven Strafen auf Intelligenz und Stärke,
die es für einen Goblin fast unmöglich machen, ein guter Magier zu werden oder
eine Kampfklasse zu wählen.
Rein
theoretisch könnte ich mir einen Goblin-Spieler wegen seiner Boni in
Beweglichkeit und Wahrnehmung als Bogen- oder Armbrustschützen vorstellen. Aber
ich habe noch niemanden getroffen, der gestört genug wäre, es zu versuchen,
denn alle Elfenarten haben bei diesen Attributen noch größere Boni. Ach ja,
diese grünen Freaks erhalten auch schwere Strafen auf Beziehungen zu Menschen
und können standardmäßig keine normalen Spielorte aufsuchen.
Kein Wunder, dass
niemand als Goblin spielen wollte. Selbst jemand, der bei der Erstellung seines
Charakters einen Goblin in Betracht gezogen hatte, würde nach der Lektüre
dieser Beschreibung schnell seine Meinung ändern. Was hatten sich die
Entwickler von Reich ohne Grenzen nur
dabei gedacht?!
Der Text stammte von
jemandem namens Verwilderter Waldbursche. Laut seines Forums spielte er als
menschlicher Druide auf Level 204. Aus Neugier las ich auch die nächsten 7
Links, die die Suchmaschine gefunden hatte, doch überall bekam ich die gleichen
unangenehmen Informationen.
Ich schickte meiner
Schwester eine Nachricht über den Charakter, den ich spielen musste, und
studierte weiter die Anleitungen zu Goblins und Kräuterkunde.
Als mich laute Stimmen
vom Lesen ablenkten, hob ich den Kopf. Der Direktor war schon lange gegangen
und jetzt stritt sich die rundliche Frau, die nach der Bedeutung des Wortes „Charisma“
gefragt hatte, mit seiner Assistentin.
„Stimmt etwas nicht mit
Ihrem zugewiesenen Charakter?”, fragte die Assistentin in eisigem Ton.
„Das kann man wohl
sagen! Ich soll eine Dryadentänzerin spielen! In den Foren habe ich gesehen,
dass Dryaden keine Kleidung tragen! Ich bitte Sie! Ich dachte, ich bewerbe mich
um einen Bürojob. Die Arbeitszeiten sind vielleicht etwas ungewöhnlich, aber
ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich als Stripperin arbeiten soll!”
Die Assistentin des
Direktors war wegen des Vorfalls mit dem Mikrofon schon gereizt, daher konnte
man leichten Ärger in ihrem Ton vernehmen. „Das System hat ermittelt, dass
diese Kombination von Volk und Klasse optimal für Sie ist. Wenn es Ihnen nicht
gefällt, muss ich Ihnen leider sagen, dass Sie die Probezeit nicht bestanden
haben und die erste Teilnehmerin sind, die die Gruppe verlassen muss ...”
Auf dem Gesicht des
Mannes, der ihr vorher erklärt hatte, was Charisma bedeutete, bemerkte ich ein
höhnisches Grinsen. Die bizarre Kombination war vom System wahrscheinlich
aufgrund seiner irreführenden Erklärung gewählt worden.
Die Assistentin
streckte ihre Hand aus, um die Charakterkarte der Frau zurückzunehmen, als eine
junge Frau aus der hinteren Reihe rief: „Warten Sie! Könnte ich den Charakter
mit ihr tauschen?” Eine hübsche, junge Frau mit guter Figur, die ihr
kastanienbraunes Haar in einem langen Zopf trug, der ihr bis zum Gürtel
reichte, stand auf und kam zur Bühne.
„Ich habe mir die
einleitenden Informationen über Dryaden angesehen. Es stimmt, ihre einzigen
Ausrüstungsplätze sind für Ringe und Armbänder vorgesehen, aber das wird durch
ihre Volksboni ausgeglichen. Außerdem ist die Tänzerklasse ausgezeichnet für
Dryaden geeignet. Sie haben schließlich Boni für Attraktivität, Charme und die
Reaktion aller Mitglieder des anderen Geschlechts.”
Die Assistentin stimmte
ihr zu. „Richtig. Es ist eine gute Rolle. Mit diesem Charakter kann man leicht
Erfahrung sammeln. Außerdem ist der Pfad der Dryadentänzerin sehr ungewöhnlich.
Es gibt keine einzige Anleitung. Mit einem solchen Charakter zu leveln ist
praktisch eine Garantie dafür, die Probezeit zu bestehen.”
Die biedere
Buchhalterin schauderte und murmelte unglücklich: „Mal sehen, welchen
Schweinkram sie Ihnen aufdrücken wollen ... Schlimmer als eine
Stripteasetänzerin kann es ja kaum sein.” Sie nahm der jungen Frau die Karte
aus der Hand und las sie. „Oh! Ja! Eine Gremlin-Bankerin! Davon habe ich mein
ganzes Leben lang geträumt!” Die Frau mittleren Alters hätte die junge Frau
fast geküsst, die die Karte mit ihr tauschte.
Danach hörte ich
überall um mich herum Leute rufen:
„Wer möchte gegen einen
Troll-Kannibalen tauschen?”
„Ich tausche einen Hobgoblin-Betrüger
gegen jede andere Klasse!”
„Will jemand einen
Ork-Astrologen? Ich tausche gegen jede Art von Nahkämpfer!”
Ich hatte keine Lust,
auf das Ende dieser Freakshow zu warten und stand auf, um mich auf den Weg zur
HR-Abteilung zu machen. Der Goblin-Kräutersammler erschien mir nicht mehr so
schlimm, ich war mit meinem Los jetzt völlig zufrieden.
* * *
OBWOHL ICH VERSUCHTE, mir
nichts anmerken zu lassen, beeindruckte mich der Reichtum und Luxus, den das
Unternehmen von Reich ohne Grenzen
zur Schau stellte. Es besaß einen riesigen Wolkenkratzer, in dem es auch viele
unterirdische Etagen gab. Als ich mit dem Fahrstuhl nach unten fuhr, bemerkte
ich, dass es für einige Etagen, die ich durch die Glastüren sehen konnte, keine
Knöpfe gab. Die Wachleute auf diesen Etagen waren mit Waffen ausgerüstet und
trugen Schutzwesten und Gasmasken.
Der nette Techniker
Arthur führte mich zu meinem Arbeitsplatz und erklärte, dass es den normal
Sterblichen verboten war, diese unterirdischen Etagen zu betreten. Dort befand
sich „das Allerheiligste” des Unternehmens, die Spielserver. Es war einfacher,
in einen Banktresor voller Gold hineinzukommen, als sich Zutritt zu diesen
Etagen zu verschaffen. Die Stockwerke, auf denen sich die gesamte technische
Ausrüstung befand, waren mit zahllosen Sicherheitssystemen und Giftgas
ausgestattet, damit Kriminelle nicht einmal daran dachten, einzubrechen.
Ohne anzuhalten kamen
wir an der unterirdischen Parkrampe vorbei, auf der viele Luxusautos und
fliegende Autos standen. Dann öffnete sich die Fahrstuhltür auf der Etage der
Testabteilung und ich sah ES: Ein riesiger Raum, der sich bis ins Endlose
erstreckte. Er hatte sehr viele hohe Gänge, die von identischen kleinen Kabinen
gesäumt waren. Arthur und ich gingen eine der langen Plattformen hinunter und
hielten vor einer durchsichtigen Tür an. Ich blickte ausdruckslos auf ein
Schild: 4-16A.
„Vierte Etage, Seite A,
Kabine 16. Hier werden Sie arbeiten. Gehen Sie hinein, ziehen Sie Ihre Jacke
aus und machen Sie sich mit Ihrer Kabine vertraut”, sagte er und zeigte auf den
Stuhl und den Bügel an der Wand. Er blieb jedoch draußen stehen. „Jede Kabine
hat einen ausziehbaren Schreibtisch und einen eingebauten Kühlschrank, in dem
Sie Lebensmittel aufbewahren oder vor der Arbeit einen Imbiss zu sich nehmen
können. Es gibt einen Toilettenraum für je 50 Kabinen und an jedem Ende der
Gänge befinden sich Duschen. Aber denken Sie daran, jeder Gang hat 300 Kabinen,
darum sind die Duschen abends, wenn die Schicht endet, oft besetzt. Also gut,
dann wünsche ich Ihnen viel Glück!”
Während Arthur den Satz
äußerte, wandte sich sein Blick von mir ab. Seine Augen folgten einer
wunderschönen, fast glamourösen Frau mit prächtigen, roten Haaren und stolzem
Gesichtsausdruck, die an meiner Kabine vorbeiging. Sie trug ein langes,
smaragdgrünes Kleid, hochhackige Schuhe und einen Hut mit breitem Rand. An
ihren Fingern steckten mit Edelsteinen besetzte Ringe, die mir durch ihr
Schimmern ins Auge fielen. Die Frau ignorierte Arthur und schien mich überhaupt
nicht zu bemerken. Sie ging noch ein paar Meter weiter, bis sie vor einer Tür
anhielt, die genauso aussah wie meine. Es piepte, als die geheimnisvolle Frau
die Tür mit ihrem elektronischen Schlüssel öffnete und ihre Kabine betrat.
„Wer war das?”, fragte
ich den erstarrten Techniker mit halblauter Stimme.
Arthur zuckte zusammen
und war wieder zurück in der Realität. „Woher soll ich das wissen? Sie arbeitet
hier. Sie kommt abends und geht erst wieder am nächsten Morgen. Sie muss einen
Nachtcharakter spielen. Offensichtlich ist sie eine gute Spielerin und verdient
viel Geld. Ich habe sie einmal in der unterirdischen Parkgarage gesehen. Sie
fährt einen tollen Luxussportwagen, den ich mir nie leisten könnte, selbst wenn
ich bis zu meinem Lebensende sparen würde. Aber ich habe keine Ahnung, wer sie
im Spiel ist. Wir können Ihre Avatare nicht sehen, wir helfen Ihnen nur, Ihre
Ausrüstung einzurichten. Normalerweise erhalten Spitzenspieler ihre eigenen
Büros auf den oberen Etagen des Gebäudes, doch sie muss es aus praktischen
Gründen vorziehen, vom Parkplatz aus gleich hier herunter zu kommen. Aber ich
schweife ab. Legen Sie die Kleidung ab, ich werde Ihre Maße für einen
Sensoranzug und -helm nehmen.”
Nachdem sich die Tür
hinter Arthur geschlossen hatte, holte ich mein Handy heraus und teilte meiner
Schwester mit, dass ich bereit war.
Ruf
die Konsole auf und gib mir die Nummer deiner virtuellen Realitätskapsel und
Spielsitzung. Ich versuche, mich zu verbinden.
Ich tippte einen
technischen Befehl auf dem Keyboard und machte mit der Kamera meines Handys ein
Foto davon.
Warte
5 Minuten, damit wir zur gleichen Zeit anfangen können.
Ich zog den Anzug an,
der mit Elektroden besetzt war, und legte mich in die virtuelle
Realitätskapsel. Ich beobachtete den Timer auf dem kleinen Monitor, wartete 5
Minuten und schloss dann den Deckel der Kapsel. Jetzt war ich von der realen
Welt abgeschottet. Vor mir leuchtete der Bildschirm auf ...
* * *
Erlittener Schaden: 2757
(Biss einer verfluchten Fledermaus)
Du bist gestorben.
* * *
WAS ZUM TEUFEL war
das?! Die Meldung kam herein, sobald der Bildschirm geladen war. Das Bild
verblasste langsam und ich war von Dunkelheit umgeben. Eine Minute verging,
dann eine zweite und noch ein paar mehr. Nichts passierte. War es für mich
vorbei? Es gab kein Spiel-Interface oder irgendwelche andere Menüfester, nur
pechschwarze Dunkelheit. Irgendetwas musste falsch gelaufen sein. Fledermäuse!
Richtig! Sie waren das Letzte, das ich in meinem kurzen Spiel als Barbar
gesehen hatte. Jetzt würde ich bestimmt gleich aus meiner Kapsel geholt und
gefeuert, weil ich beim Vorstellungsgespräch gelogen hatte.
Plötzlich wurde die
Welt um mich herum wieder hell und das Fenster für die Charaktererstellung
erschien auf dem Bildschirm. Puh, ich hatte es gerade so geschafft. Was sah ich
vor mir? Einen Goblin-Kräutersammler auf Level 1. Das Volk oder die Klasse
konnte ich nicht verändern.
Charaktername: Amra
Mir brach noch einmal
kalter Schweiß aus. Als ich meinen Barbaren erstellt hatte, war mein erster
Schritt gewesen, ihn zu Ehren des berühmten Barbaren aus dem Fernsehen „Conan”
zu nennen, doch der Name war vergeben. Dann hatte ich einen anderen Namen ausprobiert,
den der berühmte Held benutzte: Amra.
Ich hatte Glück, auch
jetzt war er frei. Soweit ich sehen konnte, hatten sich die Spielregeln in den
letzten 3 Jahren geändert. Die Namen der Charaktere mussten nun aus 2 Worten
bestehen, zum Beispiel Tony Schwarzherz, Ahmed Schleichende_Schlange oder Ellie
Sehr_Hübsch. Doch mein Name bestand nur aus einem Wort und hatte außerdem nur 4
Buchstaben ...
Ein Newbie mit einem
Einwort-Namen? Es konnte mir helfen, zu verbergen, dass ich für das Unternehmen
arbeitete. Ich hatte wirklich nichts dagegen, es war schön, etwas Besonderes zu
sein. Nun war es an der Zeit, mich mit meiner Erscheinung und den Attributen zu
beschäftigen.
Ein grünes Gesicht
starrte mir entgegen, aus dem zwei riesige Augen hervorstachen, und die Ohren
waren überdimensional groß. Das System schlug vor, ich sollte etwas mit den
Einstellungen herumspielen, um diesen gewöhnlichen Goblin individuell nach
meinem Geschmack zu gestalten, doch ich beschloss, noch damit zu warten. In
einem Hinweis las ich, dass ich die Erscheinung meines Charakters bis Level 10
kostenlos verändern konnte, darum beschloss ich, diesen Schritt fürs Erste zu
überspringen.
Etwas anderes bereitete
mir mehr Sorgen: Alexandro Lavrius hatte gesagt, dass nicht mehr viel Zeit bis
zum Einbruch der Nacht war, darum durfte ich keine Sekunde verschwenden.
Vor allem wollte ich
mir die Boni und Strafen für Goblins ansehen. Leider hatte Verwilderter
Waldbursche in Bezug auf die Strafen nicht gelogen:
50 % Strafe auf
Intelligenzsteigerungsrate
50 % Strafe auf
Stärkesteigerungsrate
– 20 Strafe auf
Beziehungen zu folgenden Völkern: Menschen, Elfen, Zwerge, Gnome, Drachen
20 % Strafe auf
verdiente Erfahrung
Die Strafen waren eine
bittere Pille. Besonders unzufrieden war ich mit der Strafe auf die verdiente
Erfahrung. Die negativen Charakteristiken der Goblins wurden durch die Boni
kaum aufgewogen:
30 % Bonus auf
Bewegungssteigerungsrate
30 % Bonus auf
Wahrnehmungssteigerungsrate
+ 20 Bonus auf
Beziehungen zu folgenden Völkern: Goblins, Orks, Kobolde, Oger, Riesen
+ 30 Bonus auf die
Reaktion von Wald- und Sumpfkreaturen
30 % Bonus auf
Bewegungsgeschwindigkeit in Wald- und Sumpfgebieten
Schließlich kam ich zu
den Hauptattributen meines segelohrigen Goblins. Jeder Charakter in Reich ohne Grenzen, egal, ob NPC oder
eine reale Person, hatte nur 6 Hauptattribute: Stärke, Beweglichkeit,
Intelligenz, Konstitution, Wahrnehmung und Charisma.
Das war Standard und
leicht zu verstehen. Stärke bestimmte den Schaden, den man mit Handwaffen
verursachen konnte, und das Höchstgewicht, das man tragen konnte.
Beweglichkeit war
wichtig für Fernwaffen und zum Ausweichen.
Intelligenz ermöglichte
einem Charakter, die Eigenschaften von Gegenständen zu verstehen und bestimmte
die Mana-Menge, über die ein magischer Charakter verfügte, sowie die
Wirksamkeit seiner Zauber.
Konstitution
beeinflusste die Anzahl der Treffer- und Ausdauerpunkte.
Wahrnehmung wirkte sich
auf die Sehkraft, den Geruchssinn und das Gehör aus und gab einem Charakter
außerdem eine größere Chance, verborgene Gegenstände zu entdecken.
Und schließlich
Charisma: Dieses Attribut definierte das Verhältnis anderer Charaktere zu einem
selbst.
Es gab verschiedene
Möglichkeiten, die Grundattribute zu verbessern. Man konnte ihnen auf jedem
Level eine gewisse Anzahl neuer Attributpunkte zuweisen, in Hauptfertigkeiten
leveln oder magische Gegenstände zum Verbessern einsetzen.
Name
|
Amra
|
Volk
|
Goblin
|
Klasse
|
Kräutersammler
|
Erfahrung
|
0 von 100
|
Charakterlevel
|
1
|
Trefferpunkte
|
15/15
|
Ausdauerpunkte
|
15/15
|
Attribute
|
|
Stärke (Str)
|
2
|
Beweglichkeit (Bew)
|
2
|
Intelligenz (Int)
|
2
|
Konstitution (Kon)
|
2
|
Wahrnehmung (Wah)
|
2
|
Charisma (Cha)
|
2
|
Unbenutzte
Punkte
|
3
|
Hauptfertigkeiten
(2von 4 gewählt)
|
|
Kräuterkunde (Wah, Bew)
|
1
|
Handel (Cha, Int)
|
1
|
Nebenfertigkeiten
(0 von 4 gewählt)
|
|
Die Entwickler hatten
meinem Charakter standardgemäß 2 Hauptfertigkeiten zugewiesen: Kräuterkunde und
Handel. Die erste war leicht nachzuvollziehen, ein Kräutersammler, der sich
nicht mit Kräutern auskannte, ergab wenig Sinn. Doch Handel verwirrte mich
etwas. Ich konnte die Fertigkeit nicht löschen, die Entwickler sahen mich als
kleinen Goblin, der durch die Wälder trottete, eine Unmenge Pflanzen sammelte
und sie einheimischen Händlern verkaufte. Ich brauchte die Handelsfertigkeit
also, damit ich von skrupellosen Schwindlern nicht übers Ohr gehauen wurde. Mein
Charakter besaß die Intelligenz eines Stuhls. Ohne die besondere Fertigkeit des
Verhandelns würde ich ständig um mein Geld betrogen werden.
Die Buchstaben in
Klammern hinter den Fertigkeiten verwirrten mich zuerst ebenfalls, doch ich
fand schnell heraus, dass es sich um die Attribute handelte, die der Charakter
nach und nach durch das Benutzen der Fertigkeiten verbessern konnte.
Drei freie
Attributpunkte waren nicht gerade viel! Nachdem ich etwas mit den Parametern
herumgespielt und ihre Beschreibung gelesen hatte, stellte sich heraus, dass
Trefferpunkte und Ausdauerpunkte ausschließlich von der Konstitution abhingen,
darum wies ich diesem Attribut gleich einen Punkt zu. Daraufhin erhöhten sich
meine Trefferpunkte auf 21 und meine Ausdauer auf 20.
Als Nächstes war
Beweglichkeit an der Reihe. Wenn ich die Anleitung des Verwilderten
Waldburschen und meine Volksboni richtig verstanden hatte, hing der Erfolg
meines segelohrigen Charakters von seiner Beweglichkeit ab. Ich wies dem
Attribut 2 Punkte zu und erhöhte es damit auf 4. Das war alles, obwohl ...
Im letzten Moment,
bevor ich mit dem Spiel beginnen wollte, beschloss ich, dass die niedrige
Intelligenz meines Goblins nicht akzeptabel war. In der Beschreibung des
Attributs hieß es, dass ich mit einer Punktzahl unter 3 nicht richtig sprechen
oder andere verstehen konnte. Das bedeutete, ich würde mich weder mit anderen
Spielern oder NPCs unterhalten, noch Missionen und Hinweise verstehen können.
Ich reduzierte Charisma auf das Minimum und wies den Punkt Intelligenz zu. Mein
Goblin war sowieso keine Schönheit gewesen, doch nun wurde er regelrecht zu
einem Monstrum.
Jetzt war ich bereit.
Es war Zeit, ins Spiel einzusteigen!
Die Ork-Galeere
ANGST. KÄLTE. Schmerzen.
Hunger. Mein geschundener Körper schmerzte überall. Trotz des Schmerzes und der
Müdigkeit nahm ich laute Geräusche wahr. Ich wollte sie einfach ignorieren und
mich in einem tröstenden Traum verlieren, doch die Geräusche wurden lauter und
lauter. Ich konnte klirrende Waffen, wütendes Gebrüll und die Schreie von
Sterbenden hören. Mir stieg der Geruch von frisch vergossenem Blut in die Nase.
Mit großer Anstrengung
gelang es mir, die Augen zu öffnen. Ich lag auf einem von verrottetem Stroh
bedeckten Boden in einem dunklen Raum. Als ich versuchte, mich zu bewegen,
bemerkte ich, dass mein Handgelenk in einer Handschelle aus schwerem Metall
steckte. Sie war an einer Kette befestigt, die in der Wand verankert war. War
ich ein Gefangener?
Aus dem Augenwinkel sah
ich einen Ork in einer Lederrüstung vorbeilaufen, der einen Krummsäbel trug.
Nur einige Sekunden später fiel sein blutender Körper zu Boden. Ein riesiger
Mensch in einer Rüstung, der den Ork niedergestreckt hatte, näherte sich ihm
und erledigte ihn, indem er ihm einen Kurzspeer in die Brust stieß.
„Scheint der Letzte von
ihnen zu sein!”, rief er jemandem zu, der sich weit hinter ihm befand und ihm
antwortete: „Großartig! Befrei die Gefangenen und bring sie auf unser Schiff!
Die Ork-Galeere kann jede Minute an den Felsen der Küste zerschellen!”
Ich wurde befreit! Doch
bevor ich Zeit hatte, darüber erleichtert zu sein, drehte sich der riesige
Soldat mit einem angewiderten Gesichtsausdruck zu mir um und durchbohrte mich
mit seinem Speer!
* * *
WIEDER BRACH DUNKELHEIT über
mich herein. Ich lag vollkommen fassungslos da und konnte nicht glauben, was
gerade geschehen war. Der Mann hatte mich fast getötet, obwohl er mich retten
sollte! Warum?
Eine innere Stimme
lachte und wies mich spöttisch darauf hin, dass ich diese Reaktion hätte
erwarten sollen. Goblins hatten bereits eine Strafe von – 20 auf die Reaktion
von Menschen und ich hatte mein Charisma auf ein Minimum reduziert. Jeder
Mensch, Elf oder Zwerg, dem ich begegnete, würde in gleicher Weise reagieren.
Der Schmerz kehrte
zurück und ich öffnete die Augen. Ich sah die Welt in Schwarz- und Rottönen.
Wie vorher lag ich auf altem, fauligem Stroh, das jetzt auch noch mit dickem,
dunklem Blut getränkt war ... mit meinem Blut.
+ 1 TP von
Gesundheitsregeneration
Meine Wunde war fast
völlig geheilt, doch mein Lebensbalken blinkte gefährlich bei 3 von 21. Ich
sollte erwähnen, dass ich vorher nicht einmal gewusst hatte, dass Goblins
Gesundheit regenerieren konnten. Warum wurde in keiner Anleitung darauf
hingewiesen? Vielleicht war die Fähigkeit erst kürzlich hinzugefügt worden, um
Goblins spielbarer zu machen. Wie auch immer, die Wunde schmerzte wahnsinnig!
Ich musste zugeben, dass das Sterben selbst in einem Computerspiel sehr
unangenehm war.
Ich hatte keine Ahnung,
was ich mir als Nächstes ausgedacht oder getan hätte, doch plötzlich huschte
eine Ratte unter den Holzpaneelen meiner Zelle entlang.
Level-1-Ratte
Die kleine Kreatur
folgte neugierig seiner Nase, betört von dem berauschenden Blutgeruch. Ich
bewegte mich etwas und zog mein rechtes Bein an. Die Ratte drehte sich sofort
zu mir um. Sie lief jedoch nicht weg, sondern starrte mich an. Nicht nur das,
sie interessierte sich immer mehr für meine kulinarischen Eigenschaften. Wenn
ich ganz gesund gewesen wäre, hätte ich eine solche Kreatur leicht töten
können, doch im Moment hatte ich nur 3 traurige Trefferpunkte. Die Ratte würde
mich fressen!
Offensichtlich kam die
Kreatur zum gleichen Schluss und näherte sich. Was dann passierte, hatte weder
ich noch die Ratte erwartet.
Zugefügter Schaden: 10
(Vampirbiss)
Wiederhergestellte
Gesundheit: + 5 TP
Erhaltene Erfahrung: 8
EP
Erhaltener Gegenstand:
Rattenfleisch (Nahrung)
Freigeschaltetes
Achievement: Geschmackstester (1/1000)
Freigeschaltete
Volksfähigkeit: Blutlust (Erhöht den zugefügten Gesamtschaden für jede einzelne
Kreatur, die durch Vampirbiss getötet wird, um + 1 %. Aktueller Bonus: 1 %)
Freigeschaltete
Anzeige: Durst löschen (10/15)
Einige Sekunden lang
saß ich nur da, den abscheulichen Geschmack von Rattenblut im Mund. Ich musste
im wahrsten Sinne des Wortes erst einmal verdauen, was gerade geschehen war.
War ich ein Vampir? Ich öffnete mein Charakterfenster, um nachzusehen. Was ich sah,
ließ keinen Zweifel aufkommen:
Volk:
Goblin-Vampir
Zum Glück konnte ich
verheimlichen, dass ich zum Teil Vampir war, indem ich einfach das spezielle
Kästchen „Vor anderen Spielern verbergen” ankreuzte. Als ich mir die
Beschreibung der Vampire durchlas, dankte ich dem Himmel und den Entwicklern
des Spiels dafür:
– 50 Strafe auf die
Reaktion aller lebenden Völker, falls enttarnt
Strafe: Legales Ziel
für Tötung durch Spieler und NPCs von lebenden Völkern, falls enttarnt
Strafe: Kann im Zustand
von Blutdurst seine wahre Natur nicht verbergen
Strafe: Sofortiger Tod,
wenn von Sonnenlicht getroffen
Jetzt steckte ich
ziemlich in der Klemme. Von diesem Moment an war meine wichtigste Priorität,
meinen Vampirismus geheim zu halten. Er hatte jedoch auch einige Vorteile. Auf
Level 1 konnte ein Vampir zum Beispiel + 1 TP Gesundheitsregeneration pro
Minute sowie eine zusätzliche Angriffsart erhalten (und im Gegensatz zu den
meisten anderen war sie weder rechts- noch linkshändig):
Vampirbiss
Schaden: (1 bis 6) x
Stärke
Die Gesundheit des
Angreifers wird um 50 % des zugefügten Schadens wiederhergestellt.
Beim Angriff auf
schlafende, bewusstlose oder gelähmte Ziele ist die Erfolgschance 100 % und der
Angreifer kann einen Effekt wählen: Sofortiger Tod / 6-stündiger Tiefschlaf /
Mit Vampirismus infizieren).
Ich las die
Beschreibung des Angriffs noch einmal. Bedeutete es, dass ich jede Kreatur
töten konnte, egal auf welchem Level sie war? Ich musste also nur jemanden
finden, der schlief, und sogar Level-100-Charaktere waren erledigt. Es war eine
großartige Möglichkeit für mich, um Erfahrung zu sammeln und zu leveln! Und ich
konnte Spieler und NPCs gleichermaßen angreifen.
Doch Augenblick! Ich
bremste meine Euphorie. Wenn ich diese Fähigkeit auch nur ein einziges Mal gegen
einen Spieler einsetzte, wäre mein Geheimnis enthüllt. Ich würde für den Rest
meiner Tage im Spiel gejagt und immer wieder getötet werden, weil die Regeln es
erlaubten. Jeder Tod würde mir körperliche Schmerzen bereiten und ich würde
Erfahrung verlieren. Darum musste ich meinen Vampirismus unbedingt geheim
halten.
„Wer ist da? Ich kann
dich hören!”, rief eine Stimme von draußen.
Meine Angst wuchs. Ich
sprang auf und wischte mir schnell mit dem Handrücken über die Lippen. Das
Letzte, was ich brauchte, war ein Fremder, der Blut in meinem Gesicht sah.
„Ratte erschlagen. Hat
angegriffen. Klatsch, klatsch, ich zugeschlagen”, antwortete ich.
Was zum Teufel?! Ich
hatte etwas anderes gesagt, doch das Einzige, das aus dem Mund meines
Charakters kam, waren diese unbeholfenen, abgehackten Sätze. Wie sich
herausstellte, reichten selbst 3 Intelligenzpunkte nicht aus. Ich mochte gar
nicht daran denken, wie mein Charakter bei noch weniger Punkten reden würde.
„Eine Ratte? Ja, ich
habe sie gesehen. Sie hat mich lange angestarrt, aber dann rannte sie davon.
Hast du eine Ahnung, wie du dich von der Kette befreien kannst? Ich bin nicht
stark genug.”
Erhaltene
Mission: Flucht von der Sklavenhändler-Galeere
Missionskategorie:
Erforderlich, Training
Belohnung:
80 EP, Zugang zur Hauptspielwelt
„Kette weiß nicht. Ich
verletzt. Mann hat mit Speer gestoßen.”
Hinter der Wand hörte
ich das glucksende Lachen des anderen Spielers. „Dein Charisma muss ziemlich
niedrig sein, wenn sie dich getötet haben, statt dich zu befreien. Ich bin überrascht,
dass du nicht gestorben bist. Soldaten spielen auf Level 25, sie müssten in der
Lage sein, dich mit einem Treffer zum Respawnen zu schicken. Mich haben sie
einfach nicht bemerkt. Als das Massaker im Laderaum begann, habe ich schnell
meine Tarnfertigkeit eingesetzt und konnte sie sogar auf Level 2 erhöhen, bevor
die Soldaten verschwanden. Aber ich habe nicht richtig nachgedacht. Vielleicht
hätten sie mich zusammen mit den anderen Gefangenen befreit oder mich einfach
zum Respawnen geschickt. Dann müsste ich mich jetzt nicht mit dieser Kette
herumschlagen, sondern würde einfach zum Spawnpunkt zurückkehren und wäre
frei.”
Ich erstarrte vor
Angst. Von der Stelle aus, an der ich mich befand, konnte man den Spawnpunkt
nicht sehen. Was aber, wenn Charaktere mit meiner gewinnenden Erscheinung nur
einen einzigen Weg in die Freiheit hatten, und das war zu sterben und wieder
zurückzukehren? Nein, das ergab keinen Sinn! Es musste andere annehmbare
Möglichkeiten geben, hier herauszukommen. Ich betrachtete die kurze, rostige
Kette, mit der ich angekettet war. Als Erstes versuchte ich, sie zu zerbrechen.
Dein Charakter besitzt
nicht genug Stärke, um diese Aktion auszuführen.
Erforderliche Stärke
zum Zerbrechen der Kette: 7.
Für die Kette reichte
meine Stärke offensichtlich nicht aus, doch was war mit der Handschelle an
meinem Handgelenk?
Dein Charakter besitzt
nicht genug Beweglichkeit, um diese Aktion auszuführen.
Erforderliche
Beweglichkeit zum Zerbrechen der Handschelle: 7.
Ein weiterer
Fehlschlag. Ich sah mir meine linke Hand genau an. Das Handgelenk sowie die
Hand waren schmal, doch ich hatte einen großen Daumen, der mich daran hinderte,
aus der Handschelle zu schlüpfen. Was wenn ... Der Gedanke, meinen eigenen
Daumen abzubeißen, war barbarisch, doch ich verwarf ihn nicht sofort. Ich hatte
Gesundheitsregeneration, also würde der Daumen bald nachwachsen. Würde ein
echter Goblin zögern? Nein, entschied ich, das würde er nicht.
Ich versenkte die Zähne
in mein eigenes Fleisch. Schmerzen überwältigten mich und meine Trefferpunkte
fielen rapide. Ich musste sogar schnell das Rattenfleisch essen, um etwas
Gesundheit wiederherzustellen, doch meine Idee funktionierte! Vorsichtig zog
ich meine blutende Hand aus der rostigen Handschelle. Ich war frei! Das Bluten
hörte sofort auf, doch von meinen 21 Trefferpunkten waren nur noch 2 übrig.
Aber das war egal. Allmählich würde Regeneration meine Gesundheit vollständig
wiederherstellen. Dann erschien jedoch ein Debuff ...
Deine linke Hand ist
verletzt.
In den nächsten 2 Tagen
kannst du keine Waffe in der linken Hand halten, nicht schwimmen oder Felswände
und Bäume hochklettern.
Alle anderen mit der
linken Hand ausgeführten Aktionen erhalten eine Strafe von 30 %.
Auch hatte ich für das
Abnehmen der Kette keine Erfahrungspunkte verdient. Entweder hatte den
Entwicklern meine Lösung nicht gefallen oder die Mission war noch nicht
abgeschlossen.
„Was war das?”, fragte
mein Bekannter hinter der Wand.
„Meine Kette ab. Jetzt
du.”
Ich stand langsam auf
und schaute in die Zelle neben mir. Der Kerl, der dort saß, war ein echter
Freak! Auf dem schmutzigen Boden lag eine erschöpfte, blaue Kreatur, halb
Mensch, halb Fisch. Sie hatte riesige, hervorstehende Augen und schnappte
schwer nach Luft.
Trong
Taucher
Najade
Level-1-Taucher
„Du bist ziemlich
hässlich, Amra!”, rief der Fischmann aus. Seine Reaktion auf mein Aussehen war
die gleiche wie die des Soldaten.
Wir lachten beide, dann
beantwortete er die Frage, die ich gerade stellen wollte. „Bei der Erstellung
des Charakters hatte ich keine Ahnung, wie ich mich nennen sollte. Ich dachte
mir, das zweite Wort sollte meinen Beruf beschreiben. Also bin ich Herr
Taucher, der Taucher. Doch erzähl mir lieber, wie du die Kette losgeworden
bist.”
Ich versuchte mein
Bestes, um ihm meine Methode und den Debuff, den ich erhalten hatte,
verständlich zu machen.
Der Fisch schüttelte
den Kopf. „Verdammt ... Nein, das ist nichts für mich. Ich muss tauchen und
unter Wasser schwimmen können, doch mit einer verletzten linken Hand ist das
nicht möglich. Es ist einfacher für mich, zu sterben und in einer Stunde ohne
Debuffs oder fehlende Körperteile wiederaufzuerstehen. Pass auf, ich versuche,
einen Weg aus dieser Handschelle zu finden, doch wenn mir nichts Sinnvolles
einfällt, kannst du mich töten und ich respawne. Ich kann die Stunde außerhalb
des Spiels sowieso gebrauchen. Ich muss Mails beantworten und ein paar Sachen
erledigen. Du kannst in der Zwischenzeit etwas essen oder einen Spaziergang
machen. Danach können wir zusammen weiterspielen. Ich habe das Gefühl, dass es
viel zu schwer ist, hier alleine herauszukommen. Was meinst du?”
Im ersten Moment
erschreckte mich sein Vorschlag. Trong sprach sehr gelassen über seinen Tod. Es
schien, als ob er sich wegen der zu erwartenden Schmerzen kein bisschen Sorgen
machen würde. Doch dann wurde mir bewusst, dass er einfach ein normaler Spieler
ohne virtuelle Realitätskapsel war. Er saß zu Hause vor seinem Bildschirm oder
trug einen VR-Helm und versuchte, diesen langweiligen Übungsort um jeden Preis
so schnell wie möglich zu verlassen, um in die riesige Spielwelt einzutauchen.
Das erklärte Trongs Sorglosigkeit. Jeder Spieler, der wie ich die Empfindungen
seines Charakters fühlen konnte, würde es vorziehen, sich auf andere Weise zu
befreien.
„Ja, gut. Ich gehe,
sehe mich um”, antwortete ich dem gefesselten Najadenmann und ging den dunklen
Gang hinunter.
Es war Zeit, sich mit
dem Interface zu beschäftigen. Zuerst rief ich die Karte auf, machte sie
halbtransparent und platzierte sie am oberen rechten Rand. Sie zeigte mir an,
dass ich mich im Laderaum einer Sklavengaleere befand. Trong Taucher hinter mir
erschien auf der Karte als gelbes Dreieck, während im Dunkeln vor mir 3 rote Kreise
auf der Lauer lagen. Ein Blick auf die Farbkennzeichnung verriet mir, dass Rot
feindliche Gegner signalisierte, was ich selbst hätte erraten können. Gelb
bedeutete, dass die Einstellung des jeweiligen NPCs oder Spielers jemand
anderem gegenüber unbekannt war.
Langsam und vorsichtig
ging ich weiter. Es roch nach kürzlich vergossenem Blut, doch die Leichen der
niedergestreckten Soldaten waren nicht verschwunden, was in den meisten Spielen
nach einer bestimmten Zeit der Fall ist. Ich fühlte etwas an meinem Fuß, ein
Glasgefäß rollte auf dem Boden hin und her.
Leere Phiole.
Wird benutzt, um
alchemistische Elixiere aufzubewahren.
Ich hob das Gefäß auf.
Vielleicht konnte es mir von Nutzen sein. Ich betrachtete es, um
herauszufinden, wie es geschlossen wurde. Einige Sekunden später erschien eine
Meldung:
Möchtest du Alchemie
(Int, Bew) als Hauptfertigkeit wählen?
Ich war erstaunt. War
es so einfach, eine Fertigkeit aufzunehmen? Keine Ausbilder oder Missionen,
keine wahnsinnig teuren Schriftrollen? Alchemie konnte sehr hilfreich für mich
sein. Ich würde in meinem Beruf viele Kräuter und Wurzeln finden, die ich sonst
im Rohzustand für wenig Geld verkaufen musste. Stattdessen würde ich mit
Alchemie wertvolle Elixiere aus den Pflanzen herstellen können, die
wahrscheinlich viel mehr wert waren. Ich wählte die Option „Ja”.
Du
hast Alchemie als Hauptfertigkeit gewählt.
Fertigkeitslevel:
1
Gewählte
Hauptfertigkeiten: 3 von 4
Erst jetzt erkannte
ich, was ich gerade getan hatte: Ohne zu überlegen hatte ich einen der beiden
übrigen Fertigkeitsplätze belegt. Und was noch schlimmer war, die Fertigkeit
erhöhte Intelligenz, in der Goblins 50 % langsamer als andere levelten! Das
konnte erhebliche Konsequenzen haben. Was für eine idiotische Wahl!
Statt Alchemie hätte
ich eine Fertigkeit wählen sollen, die Beweglichkeit und Wahrnehmung
verbesserte, die Stärken meines Goblins. Wenn ich solch eine Fertigkeit auf,
sagen wir, Level 100 brachte, würde ich 130 Beweglichkeitspunkte (100 x 1,3)
plus 65 Wahrnehmungspunkte (50 x 1.3) erhalten. Das wären zusammen 195
zusätzliche Attributpunkte! Doch mit Alchemie auf Level 100 würde ich wegen der
50 %-Strafe auf Intelligenz nur 50 Intelligenzpunkte (100 x 0,5) und 65
Beweglichkeitspunkte (50 x 1,3) erhalten. Das waren nur 115 Punkte für meinen
Charakter statt der 195, die ich hätte verdienen können, wenn ich nachgedacht
hätte ...
Ich war so wütend, dass
ich die verhängnisvolle Phiole am liebsten an die Wand geworfen hätte, doch ich
versuchte, ruhig zu bleiben, und nahm sie mit. Ich wusste nicht genau, wo
Gegenstände der Spiellogik nach gesammelt wurden. Ich trug nichts weiter als
einen Lendenschurz, doch ich konnte trotzdem Gegenstände in meinem Inventar
aufbewahren. Es hatte jedoch nur 8 Plätze. Das war sehr wenig, darum wollte ich
einen Beutel finden, in dem ich meine Gegenstände aufbewahren konnte.
Nach einigen Schritten lag
eine weitere Phiole auf dem Boden und danach fand ich noch 4 dieser Gefäße. Dem
Blut und den tiefen Kerben in einem Holztisch nach zu urteilen, musste hier vor
Kurzem ein schwerer Kampf getobt haben und die Kämpfer hatten vermutlich
alchemistische Elixiere benutzt, um ihre Stärke zu erhöhen oder sich zu heilen.
Glücklicherweise nahmen die 6 gleichen Gefäße nur einen der 8 verfügbaren
Plätze in meinem Inventar ein.
Ich kam den roten Kreisen
auf der Karte immer näher. Ich konnte die Feinde noch nicht sehen, doch ich
bewegte mich nun etwas vorsichtiger. Genau in dem Moment erschien eine weitere
Meldung:
Möchtest du Tarnung
(Bew, Kon) als Hauptfertigkeit wählen?
Dieses Mal ließ ich mir
mehr Zeit für meine Entscheidung. Einerseits würde Tarnung meine Stärke
erhöhen, das war nützlich. Doch andererseits wären damit alle 4 verfügbaren Hauptfertigkeitsplätze
belegt, bevor ich überhaupt mit dem Spiel begonnen hatte. Das wäre langfristig
betrachtet vielleicht nicht die beste Entscheidung für den Fortschritt meines
Charakters. Außerdem durfte ich nicht vergessen, dass ich ein Vampir war. Die Spielmechanik
erlaubte nicht, meine Hauptfertigkeiten vor anderen zu verbergen. Es leuchtete
ein, dass man jemanden auf gewisse Art einschätzte, wenn man ihn traf, oder?
Doch es würde nur zu
unnötigen Fragen führen, wenn jeder Charakter, der mir begegnete, sah, dass ich
die Fertigkeit Tarnung besaß. Ich sollte schließlich ein friedlicher
Goblin-Kräutersammler sein. Mit etwas Bedauern lehnte ich Tarnung als
Hauptfertigkeit ab, doch ich akzeptierte sie als Nebenfertigkeit.
Attributpunkte wurden durch Nebenfertigkeiten nicht erhöht, doch die Fähigkeit,
mich ungesehen zu bewegen, konnte für einen nachtaktiven Vampir von großem
Nutzen sein. Vor allem aber konnten andere Spieler Nebenfertigkeiten nicht
sehen.
Du
hast Tarnung als Nebenfertigkeit gewählt.
Fertigkeitslevel:
1
Es war einfach, in den
Tarnungsmodus zu wechseln, doch es verlangsamte das Gehen meines Charakters
erheblich. Ich war nicht in Eile, darum bewegte ich mich so lange wie möglich
in diesem Modus. Weil ich meine Attribute im Auge hatte, entging mir nicht der
Moment, als der leere Tarnungsbalken langsam anstieg. Es war die reinste
Freude!
Ich zwang mich jedoch
zur Zurückhaltung, denn jemand könnte mich sehen, wenn ich mich auffällig
bewegte. Darum ging ich mit doppelter Vorsicht weiter in den dunklen Laderaum
des Schiffs hinein.
Level-1-Ratte
Ich bemerkte sie, bevor
ich sie sehen konnte.
Du
hast mit der Fertigkeit Tarnung Level 2 erreicht!
Als ich auf die Meldung
sah, freute ich mich, doch durch diese Unachtsamkeit stolperte ich über eine
kleine Stufe, die ich nicht bemerkt hatte, und fiel der Länge nach zu Boden. In
dem Moment entdeckte die Ratte mich. Das aggressive Tier sprang auf mich zu,
aber ich hatte keine Waffe, mit der ich mich verteidigen konnte!
Erlittener Schaden: 4
(Rattenbiss)
Gesundheit: 6/21
Noch 2 Bisse und ich
war erledigt! Ich schlug die Ratte zweimal, einmal mit der linken Hand und
einmal mit der rechten. Kein Schaden, ich hatte sie verfehlt!
Erlittener Schaden: 4
(Rattenbiss)
Gesundheit: 2/21
Offensichtlich
richteten meine schwachen Schläge nichts aus, darum versuchte ich, die Ratte zu
beißen.
Zugefügter Schaden: 8
(Vampirbiss)
Wiederhergestellte
Gesundheit: + 4 TP
Gesundheit: 6/21
Ha! Ich hatte es ihr
gegeben! Was war eine kleine Ratte gegen eine schreckenerregende Kreatur der
Nacht! Der nächste Biss der Ratte kostete mich weitere 4 TP meiner Gesundheit,
dann war ich wieder an der Reihe.
Du hast nicht genügend
Ausdauerpunkte, um Vampirbiss einzusetzen.
Ausgerechnet jetzt
musste mir die Ausdauer ausgehen! Ich würde verschlungen werden! Verzweifelt
versuchte ich erneut, die Ratte mit den Fäusten zu schlagen.
Zugefügter Schaden: 2
(Schlag)
Verdiente Erfahrung: 8
EP
Erhaltener Gegenstand:
Rattenfleisch (Nahrung)
Als ich gefragt wurde,
ob ich Faustkampf (Str, Kon) als Hauptfertigkeit wählen wollte, lehnte ich ab.
Stattdessen setzte ich mich erschöpft auf den feuchten, strohbedeckten Boden.
Mein Lebensbalken flackerte bedrohlich bei 2/21 TP, meine Ausdauer war auf 1/20
gesunken. Ich musste mir eingestehen, dass mein segelohriger Goblin seine Begegnung
mit der Ratte nur wie durch ein Wunder überlebt hatte. Ich durfte mir keine
weiteren Probleme einhandeln, das stand fest. Bevor ich mich auf die Jagd nach
den anderen Ratten machte, musste ich mich vorbereiten. Zumindest musste ich
meine Gesundheit und Ausdauer wiederherstellen und möglichst irgendeine Waffe
finden.
Ich ruhte mich 10
Minuten lang aus und atmete tief durch. In der Zeit erhöhte sich meine Ausdauer
auf 10, während meine Gesundheit dank der Regeneration und des Fleisches, das
ich aß, vollständig wiederhergestellt wurde. Unmittelbar nachdem ich wieder
losgegangen war, entdeckte ich ein Messer auf dem Boden.
Rostiges Küchenmesser
Schaden: (1 bis 4) x
Stärke
Das war deutlich
besser, als mit bloßen Fäusten mit (1 bis 2) x Stärke zu schlagen! Kaum hatte
ich das Messer aufgehoben, schlug das System mir vor, Dolch (Str, Bew) als
Hauptfertigkeit zu wählen. Ich schnaufte ungeduldig. Versucht nicht ständig,
mich zu verleiten, unüberlegt zu handeln! Wenn Beweglichkeit das Hauptattribut
bei dieser Fertigkeit gewesen wäre, hätte ich sie vielleicht in Betracht gezogen,
doch Stärke mit der 50 %-Strafe ... Nein, danke. Alchemie mit dem Attribut
Intelligenz, das mit einer Strafe belegt war, reichte mir völlig! Als
Nebenfertigkeit wollte ich Dolch auch nicht wählen.
Es war aber viel
einfacher, Ratten mit dem Küchenmesser zu erledigen. Ich erlitt einen
4-TP-Biss, konterte mit einem Messerstich für 6 TP und gab der Kreatur mit
einem Vampirbiss den Rest. Meine Ausdauer sank wieder in den einstelligen
Bereich, sodass ich mich ausruhen musste. Obwohl ich bereits gesehen hatte,
dass sich eine weitere Ratte vor mir befand, war es Zeit, zu Trong Taucher
zurückzukehren.
Der Fischmensch saß am
gleichen Ort und war mit seiner metallenen Handschelle an die Wand gefesselt.
Ich rief Trong mehrere Male beim Namen, doch es dauerte ein paar Minuten, bis
er zu sich kam und antwortete.
„Sorry, ich war nicht
am Computer. Wenn du so weit bist, töte mich, wie wir es besprochen haben. Dann
gehe ich schnell ins Geschäft und hole mir etwas zu essen. Bitte warte auf
mich, bis ich in einer Stunde respawne, okay? Zusammen schaffen wir es weiter!”
Ich erhob das Messer
über der Brust des Najadenmannes und stach ihm tief zwischen die Rippen. Obwohl
die Wucht des Stichs nicht schlecht war - er fügte 8 TP Schaden zu -, sank
Trongs Lebensbalken nur um ein Viertel. Teufelskerl! Seine Lebenspunkte waren
eineinhalbmal höher als die meines segelohrigen Goblins! Ich musste wieder und
wieder zustechen. Nach dem vierten Stich blinkte Trongs Lebensanzeige in der
kritischen Zone. Ich wartete und fragte den Fischmenschen, ob ich ihn wirklich
töten sollte, doch ich bekam keine Antwort. Der Spieler war offenbar nicht mehr
am Computer, also traf ich meine Entscheidung.
Ich hatte die
Informationen in Foren gelesen. Sie besagten, dass es für die Berufe Assassine
und Dieb vorteilhaft war, die Fertigkeit Verschleiern zu haben. Sie ermöglichte
einem Spieler, Spielprotokolle zu entfernen oder zu modifizieren, sodass man
kriminelle Handlungen vor anderen Spielern verbergen konnte. Außerdem konnte
man die Dauer der Markierung als Krimineller reduzieren und sie mit der Zeit
ganz löschen. Das war genau das, was ich brauchte! Ich versuchte, die letzte
Spielmeldung über den Messerstich zu löschen.
Möchtest du Verschleiern
(Int, Bew) als Hauptfertigkeit wählen?
Nein, Verschleiern als
Hauptfertigkeit war nicht der richtige Schritt. Es wäre unklug, es an die große
Glocke zu hängen, dass mein harmloser Goblin Kräutersammler dunkle Neigungen zu
verbergen hatte. Doch als Nebenfertigkeit war Verschleiern mehr als hilfreich!
Du
hast Verschleiern als Nebenfertigkeit gewählt.
Fertigkeitslevel:
1
Effektzeit:
1 Minute, verbraucht 5 EP
Ich klickte auf das
Verschleiern-Symbol. Nun hatte ich eine ganze Minute im Verborgenen.
Zugefügter Schaden: 6
(Vampirbiss)
Wiederhergestellte
Gesundheit: + 3 TP
Verdiente Erfahrung: 80
EP
Level
2!
Freigeschaltetes
Achievement: Geschmackstester (2/1000)
Freigeschaltetes
Achievement: Spielertöter (1)
Freigeschaltete
Volksfähigkeit: Nachtsicht (Hält 12 Stunden an, verbraucht 15 EP)
Verbesserte
Volksfähigkeit: Blutlust (Erhöht den
zugefügten Gesamtschaden für jede einzelne Kreatur, die durch Vampirbiss
getötet wird, um + 1 %. Aktueller Bonus: 2 %)
Achtung!
Dein Charakter wurde als Krimineller markiert! Für die nächsten 8 Stunden bist
du ein legales Ziel für Angriffe!
Trong Tauchers Körper
blinkte auf und wurde durchsichtig. Nein, ich hatte nicht gedankenlos
gehandelt. Dieses Mal hatte ich wirklich alles einkalkuliert. Ich hatte ein
Ziel gefunden, mit dem ich meine äußerst nützliche Fähigkeit Blutlust leveln
konnte, also ergriff ich meine Chance. Najaden waren schließlich ein seltenes
Volk. Wann würde ich wieder die Möglichkeit bekommen, sie meiner Liste besonderer
Arten, die ich gebissen hatte, hinzuzufügen? Doch ich war nicht der Einzige,
der die Spielprotokolle sehen konnte. Wie würde Trong Taucher reagieren, wenn
er die Meldungen über seinen Tod sah und las, dass ihn ein Vampir getötet
hatte? Ich musste etwas unternehmen, um mein Geheimnis zu hüten.
Wie konnte ich das
Protokoll manipulieren? Es gelang mir, die Meldung, die Trong Taucher in 50
Sekunden sehen würde, zu öffnen:
Zugefügter Schaden: 6
(Vampirbiss von Spieler Amra)
Du bist gestorben.
Ich löschte sie nicht,
obwohl ich es gekonnt hätte. Stattdessen änderte ich sie und ersetzte
„Vampirbiss” durch „Stich mit rostigem Küchenmesser”. Das sah schon besser aus!
Du
hast mit der Fertigkeit Verschleiern Level 2 erreicht!
Nicht schlecht, gar
nicht schlecht! Das Leben nahm eine Wende zum Besseren! Nun musste ich nur noch
die Attributpunkte zuweisen, die ich durchs Leveln erhalten hatte, und dann
konnte ich mich neuen Abenteuern stellen! Übrigens waren aus irgendeinem Grund
2 der 5 Punkte automatisch verteilt worden. Meine Stärke hatte sich auf 3 und
meine Konstitution auf 4 erhöht. Seltsam ...
Als ich mir die
Anleitungen ansah, fand ich heraus, dass dies eine Besonderheit der Vampire
war. Ob es einem gefiel oder nicht, Stärke und Konstitution wurden auf jedem
Level erhöht. Damit musste ich mich abfinden, es war nicht zu ändern. Mir
blieben nur 3 Attributpunkte übrig.
Ich beschloss, Charisma
gleich 2 Punkte zuzuweisen. Es gefiel mir nicht, dass jede Person, der ich
begegnete, mich töten wollte, weil ich so hässlich war! Nach längerem Überlegen
verteilte ich meinen letzten Attributpunkt auf Intelligenz. Es wurde Zeit,
schlauer als ein Stuhl zu werden!
* * *
DIE DRITTE RATTE war
kein Problem mehr, sie starb nach 2 Messerstichen – ein klarer Beweis dafür,
dass sich die Stärke meines Charakters verbesserte. Nachdem ich 1 Stück
Rattenfleisch eingesammelt hatte, ging ich weiter auf das Ende des dunklen
Laderaums zu, wo eine Treppe zum Oberdeck führte. Sobald ich die erste Stufe
betrat, wurde die Karte aktualisiert. Sie zeigte nicht mehr den unteren
Laderaum an, sondern das Ruderdeck.
Auf dieser Etage stank
es fürchterlich nach Fäulnis, schmutzigen Körpern und Blut. Der üble Geruch war
so stark, dass ich fast umgekippt wäre. Mein Goblin musste sich mit seiner
verletzten linken Hand die Nase zuhalten. Okay, ich hatte verstanden. Reich ohne Grenzen wurde besonders für
seinen Hyperrealismus gelobt. Aber mussten sie wirklich so stark in die
widerwärtigen Details gehen? Wie hatten es die Entwickler überhaupt geschafft,
die schrecklichen Gerüche dieses jämmerlichen Ortes zu vermitteln? Selbst eine
leichte Brise konnte den Gestank, der über dem Deck hing, nicht davontragen.
Als ich mich etwas
erholt hatte, sah ich mich um. Alles deutete darauf hin, dass hier kürzlich ein
Gemetzel stattgefunden hatte: getrocknetes Blut auf dem Boden, von Klingen
zerschlagene Ruderbänke, Teile von Ketten und schmutzige Kleiderfetzen. Leichen
waren nicht zu sehen, die Charaktere hatten es bereits geschafft, in die
Spielwelt zu entschwinden. Dann sah ich auf der Karte neben den Markierungen
einiger entfernter Ratten ein gelbes Dreieck. Ein Spieler? Ich näherte mich
vorsichtig und entdeckte ihn oder, besser gesagt, sie.
Valerianna
Schnellfuß
Waldnymphe
Level-2-Bestienmeisterin
Meine Schwester! Ich
erkannte sie sofort. Valeria benutzte immer den gleichen Namen für ihren
Hauptcharakter, egal, welches Spiel sie spielte. Ich ging jedoch nicht näher
auf sie zu. Meine Schwester und ich hatten abgesprochen, nicht zu verraten,
dass wir uns kannten. Darum kroch ich weiter und beobachtete erfreut, wie mein
Tarnungsbalken immer weiter anstieg.
In der Zwischenzeit war
die anmutige Nymphe mit blaugrünem Haar damit beschäftigt, auf ungewöhnliche
Weise Ratten zu vernichten. Aus der Entfernung brachte sie eine Ratte mit einem
Zauber unter ihre Kontrolle und setzte sie gegen die anderen ein. Ich las
Valeriannas Hauptfertigkeiten:
Tiere beherrschen:
Level 2
Wassermagie: Level 1
Plötzlich erstarrte
Valerianna und drehte sich schnell um.
„Wer bist du?” Sie
klang eher neugierig als erschreckt. Ich hatte meine Anwesenheit irgendwie
verraten und war entdeckt worden. Es wäre dumm gewesen, mich versteckt zu
halten, darum trat ich hervor.
„Du bist ein
Krimineller! Bleib, wo du bist!”, rief die Nymphe jetzt ängstlich. Sie legte
ihre Handflächen aneinander und hielt sie vor sich. Als sie sie
auseinanderbewegte, entstand eine kleine, flackernde, blaue Flamme zwischen
ihnen.
„Ich dir nichts tun!”,
versicherte ich ihr schnell, wobei ich leise die schlechte Sprachfähigkeit
meines Charakters verfluchte. „Ich beginne erst Spiel. Kette von Hand gelöst.
Dann anderer Fischspieler brauchte Hilfe. Ich töte ihn, er kommt ohne Kette
zurück. Er sagt, der einzige Weg. Kriegt Kette nicht ab.”
Die Nymphe, ein gut
aussehendes, schlankes Mädchen in einem kurzen, grünen Umhang, konnte ein
Lächeln nicht unterdrücken. „Du bist lustig, Goblin, doch du besitzt nicht sehr
viel Verstand. Willst du mir sagen, dass ihr beide nicht genug Stärke-,
Beweglichkeits-, Intelligenz- oder Wahrnehmungspunkte hattet, um gemeinsam auf
7 zu kommen? Ihr hättet zusammenarbeiten können!”
Ich stutzte überrascht
und verlegen. Die Idee, Trongs Kette gemeinsam aus der Wand zu reißen, war mir
nicht in den Sinn gekommen. Die Dummheit meines Goblins färbte hoffentlich
nicht auf mich ab! Es wäre so einfach gewesen.
Valerianna dachte
einige Sekunden nach und äußerte dann mit besorgter Stimme: „Ich glaube, ich
weiß, was passiert ist. Du beschreibst anscheinend einen gewöhnlichen
PvP-Betrug. Du hast einen Spieler auf seine Bitte hin getötet und bist jetzt
für mehrere Stunden als Krimineller markiert. Der Spieler hätte dich ganz
leicht töten können, doch die Belohnung war es nicht wert, den Status
Krimineller zu haben. Du würdest durch deinen Tod nichts verlieren und er würde
nur 100 Erfahrungspunkte verdienen. Er wollte dir genug Zeit geben, durch Ratten
und Übungsmissionen zu leveln, um dich danach zu töten. Sicher hat er dich
gebeten, auf ihn zu warten, damit ihr zusammen weiterspielen könnt. Habe ich
recht?”
Ich bestätigte die
Theorie meiner Schwester mit einem Nicken.
„Sein Charakter muss
auf PvP spezialisiert sein, verstehst du? Er hat sich wahrscheinlich auf ein
Kampfattribut wie Stärke konzentriert und bereitet sich darauf vor, eine
Nahkampfwaffe einzusetzen. Sicher ist er mit Konstitution auf einem hohen Level
und hat auch eine hohe Anzahl von Trefferpunkten. Bist du auf Level 3, wenn er
dich tötet, verdient er 300 Erfahrungspunkte anstatt nur 100. Das macht am
Anfang des Spiels einen großen Unterschied. Die Punkte genügen, um Level 4 zu
erreichen. Außerdem erhalten einige Völker und Klassen für das Töten von
Spielern zusätzliche Erfahrung oder besondere Boni und Missionen, weshalb dein
neuer Freund dich auf alle Fälle töten will. Auf diese Weise ist er auf einem
ziemlich hohen Level, wenn er in die Hauptspielwelt kommt, und hat außerdem
noch eine reine Weste.”
Valeria hatte ihren
VR-Helm abgenommen, das Forum von Reich
ohne Grenzen geöffnet und die Informationen daraus vorgelesen. Das
bedeutete, dass Trong Tauchers Vorschlag, ihn zu töten, eine Falle gewesen war.
Er plante, mich nach seiner Rückkehr zu töten, doch vorher sollte seine Beute
etwas Übung bekommen, damit sie mehr wert war, wenn er sie zur Strecke brachte.
„Ist es ein Geheimnis,
welchem Volk er angehört?”, fragte die Nymphe, während sie eine weitere Ratte
auf ihre Artgenossen hetzte.
„Najade, Taucher”,
antwortete ich.
Meine Schwester versank
in Gedanken. Während sie bewegungslos dastand, kämpfte die Ratte unter ihrer
Kontrolle weiter gegen ihre ehemaligen Freunde. Ich war überrascht, als der
Körper der bewegungslosen Nymphe in verschiedenen Farben zu glitzern begann.
Eine ihrer Fertigkeiten musste leveln. Ich warf einen Blick auf ihre sichtbaren
Attribute. Richtig, Valerias Fertigkeit Tiere beherrschen hatte Level 3
erreicht. Noch während ich ihre Statistik prüfte, kehrte meine Schwester ins
Spiel zurück.
„Nur zu deiner
Information: Najadentaucher sind das Gleiche wie menschliche Krieger oder
zwergische Berserker. Sie erhalten 10 Lebenspunkte zusätzlich für jeden
Konstitutionspunkt und bekommen die doppelte Anzahl von Ausdauerpunkten sowie
einen zusätzlichen Bonus auf Stärke für das Ausführen verschiedener
Kombinationsangriffe.“
„Ich laufe weg?”,
fragte ich, doch die Nymphe schüttelte den Kopf. Sie wollte wissen, wie lange
es noch dauern würde, bis der Najadenmann respawnte. Ich warf einen Blick auf
die Zeitanzeige und machte ihr verständlich, dass er in 40 Minuten
zurückkehrte.
„Lauf nicht weg,
Goblin. Wenn er wirklich angreift, helfe ich dir. Ich mag Schwindler und
Betrüger nicht. Doch ich greife nur ein, wenn er dich zuerst angreift. Fürs
Erste bringe ich meine Fertigkeit Wassermagie auf Level 2, dadurch erhöht sich
meine Intelligenz durch die Hauptfertigkeiten-Boni auf 17.”
Ich verstand nicht
gleich, was sie sagte. Valerianna war bereits auf Level 2 und hatte Intelligenz
auf 17 heraufgelevelt. Wie hatte sie das geschafft? Es war mir gelungen, meine
Beweglichkeit, Intelligenz und Konstitution auf Level 4 zu bringen, doch ich
hatte kein anderes Attribut höher gesteigert als 4.
Sie erklärte eifrig:
„Nymphen erhalten einen Bonus, wenn wir in Charisma und Intelligenz ein höheres
Level erreichen, und ich habe meinen Charakter vor allem auf Intelligenz
ausgerichtet. Außerdem verbessern meine 2 vorgegebenen Hauptfertigkeiten zuerst
Intelligenz. Ich konnte die Handschellen einfach von meinem Handgelenk
abnehmen, weil ich sofort herausgefunden habe, wie der Verschluss funktioniert.
Ich habe ihn einfach geöffnet.”
Nach diesen Worten rief
die Nymphe die Ratte zu sich, die unter ihrer Kontrolle stand. Ich bemerkte,
dass das Tier etwas gewachsen war. Im Kampf gegen seine Artgenossen war es auf
Level 2 aufgestiegen. Valerianna befahl ihrem Tiergefährten, sich hinzusetzen,
schoss einen eisblauen Pfeil auf eine weit entfernte, kaum sichtbare feindliche
Ratte ab und tötete sie mit einem Schuss. Bei 2 Ratten in der Nähe hatte sie
den gleichen Erfolg. Wieder leuchtete die Nymphe in bunten Farben auf. Ihre
Fertigkeit Wassermagie hatte Level 2 erreicht.
„Cool, noch ungefähr 50
Erfahrungspunkte und ich bin auf Level 3!” Die Nymphe lachte erfreut. „Amra,
ich muss mich etwas ausruhen, um mein Mana wiederherzustellen. Danach kann ich
bis zu 9 Eispfeile abschießen, die jeweils durchschnittlich 40 Punkte Schaden
verursachen. Egal, auf welchem Level die Konstitution deines Najadenfreundes
ist, das überlebt er nicht. Doch es ist sehr wichtig, dass du ihn nicht in
meine Nähe kommen lässt. Ich habe nur 11 TP, er braucht mich bloß anzuspucken
und ich bin tot. Übrigens, warum levelst du nicht auch? Es sind noch einige
Ratten übrig, hol sie dir.”
Ich nickte gehorsam und
ging los. Meine Gedanken waren jedoch weit von den Ratten entfernt. Ich konnte
nur an den Angriff von Trong Taucher denken. Valerianna hatte versprochen,
einzugreifen, falls der Najadenmann angreifen würde, doch ich musste trotzdem
ein oder zwei Treffer des Fischmenschen überleben. Und wenn sein Charakter
wirklich auf PvP spezialisiert war, einschließlich aller Modifikatoren für das
Zufügen von Schaden, dann ... Ich fragte mich, wie viel Schaden er mit einem
Treffer verursachen konnte. Wahrscheinlich war es nicht weniger als die Nymphe
mit ihrer Magie. Meine Schwester hatte etwas von 40 Trefferpunkten pro Eispfeil
gesagt. Wie konnte ich den Angriff überleben, wenn ich 40 TP als Richtwert
nahm? Ich selbst hatte nur 27 Punkte. Konnte ich es schaffen, auszuweichen? Das
erschien mir der einzige Ausweg zu sein.
Als sich die nächste
Level-1-Ratte auf mich stürzte, stach ich nicht gleich zu, sondern sprang
zurück und zur Seite.
Möchtest du Ausweichen
(Bew, Wah) als Hauptfertigkeit wählen?
Die Fertigkeit levelte
Beweglichkeit und Wahrnehmung, meine stärksten Attribute! Genau das, was ich
brauchte! Ich wählte sie sofort.
Du
hast Ausweichen als Hauptfertigkeit gewählt.
Fertigkeitslevel:
1
Gewählte
Hauptfertigkeiten: 4 von 4
Auf Level 10 kannst du
eine fünfte Hauptfertigkeit wählen.
Bevor ich die Ratte
tötete, schaffte sie es, mich einmal zu beißen, doch das war nicht schlimm.
Gesundheitsregeneration würde die Wunde heilen. Ich bemerkte, dass die
Fertigkeit Ausweichen meine Beweglichkeit auf 5 erhöht und meine Wahrnehmung
etwas verbessert hatte.
Von meinen 4
Hauptfertigkeiten war bis jetzt nur Ausweichen aktiviert worden. Die anderen
waren grau hinterlegt und inaktiv, sie hatten noch keinen Einfluss auf meine
Attribute. Es lag vielleicht daran, dass ich sie noch nicht eingesetzt hatte.
Ich nahm eine leere Phiole
aus meinem Inventar und füllte sie mit dem Blut der toten Ratte.
Rattenblut
(alchemistische Zutat)
Die Fertigkeit Alchemie
leuchtete auf. Meine Intelligenz und Beweglichkeit erhöhten sich sofort, doch
nicht sehr viel. So funktionierte es also! Um eine Hauptfertigkeit zu
aktivieren, damit sie die Attribute verbesserte, musste man sie einmal
benutzen! Welche anderen Attribute waren noch nicht aktiviert? Kräuterkunde und
Handel. Mit Kräuterkunde musste ich noch etwas warten. Wir befanden uns auf
einer Galeere, an Bord des Schiffs würde ich keine Pflanzen finden. Aber mit
Handel war es ganz einfach. Ich kehrte zu meiner Schwester zurück und
versuchte, ihr das Gefäß mit Rattenblut zu verkaufen.
Valerianna schüttelte
sich voller Abscheu und lehnte natürlich ab. Doch der Gegenstand musste nicht
tatsächlich verkauft werden. Zufrieden stellte ich fest, dass Handel ebenfalls
aktiviert war und sich mein Charisma bereits um 1 Punkt erhöht hatte. Damit
verbesserte sich meine Intelligenz auch etwas. Ich goss das Blut auf den Boden,
denn ich hatte noch keinen Verschluss für die Phiole gefunden.
Die nächsten 10 Minuten
verbrachte ich damit, der letzten Ratte zu entkommen, denn ich wollte meine
Fertigkeit Ausweichen schnell auf 3 steigern. Von Bissen übersät und unglaublich
zufrieden mit mir kehrte ich zu meiner Schwester zurück.
„He, Segelohr, brauchst
du noch viele Punkte bis Level 3?”, fragte die Nymphe mit gelangweiltem Blick.
Sie saß auf einer Ruderbank und starrte auf ihre gepflegten Fingernägel.
„Habe 340 Erfahrung. Will
500”, teilte ich ihr mit.
Meine Schwester warf
mir einen missbilligenden Blick zu und sah ärgerlich aus. „Erhöhe deine
Intelligenz mindestens auf 5. Es ist schwer, dich zu verstehen. Aber das kannst
du später tun. Jetzt hör mir gut zu, Segelohr. Wir müssen das Oberdeck der
Galeere erreichen. Ich habe in den Anleitungen eine Beschreibung dieses Ortes
gefunden. Dort oben tobt das Meer. Die Wellen krachen gegen das beschädigte
Schiff. Wenn du nicht genug Beweglichkeit hast, waschen sie dich über Bord. Dann
verlierst du Erfahrung und musst eine Stunde am Spawnpunkt warten. Oder kannst
du schwimmen, Amra?”
„Kein Schwimmen. Genug
Beweglichkeit.”
„Bist du sicher? Also
gut. Ich habe einen Unterwasser-Atemzauber, ich sinke einfach auf den Boden.
Dein Najadenfreund ist ein Meereswesen, darum ertrinkt er nicht. Aber du musst
das Boot trotz der Wellen und des Wetters mit einem Kran hinunterlassen und
dann ans Ufer rudern. Das ist eine Nebenquest, du erhältst dafür 100
Erfahrungspunkte. Wenn du das Ufer erreichst, ist sowohl die Neben- als auch
die Hauptübungsmission abgeschlossen. Dafür bekommst du noch einmal 300
Erfahrungspunkte. Sobald du das Ufer betrittst, erreichst du Level 3. Aber ruh
dich nicht einfach aus, wenn du dort angelangt bist. Lauf so schnell wie möglich
vom Ufer weg oder bereite dich auf einen Kampf vor. Der Taucher greift dich
sicher an, darum pass gut auf, verstanden? Dann machen wir uns jetzt auf den
Weg nach oben. Lass das Boot ohne meine Hilfe hinunter, damit alle
Erfahrungspunkte an dich gehen, sonst erreichst du Level 3 nicht und bist zu
schwach, dich dem Najadenmann zu stellen.”
* * *
MEINE SCHWESTER kannte
sich wirklich aus. Ohne ihre Warnung wäre ich über Bord gespült worden, als wir
das Oberdeck erreichten. Mithilfe eines straffen Seils, an dem ich mich sofort
festhielt, schaffte ich es, mich auf dem Schiff zu halten, obwohl ich von einer
Woge umgeworfen wurde. Die Ork-Galeere krachte in eine Felswand und wurde
zwischen Gestein eingekeilt. Riesige Wellen rollten über das Deck und nahmen
allen möglichen Müll, Fässer, zerbrochene Ruder und Möbel mit sich.
Auf dem hinteren Teil
des zerschellten Schiffs entdeckte ich das Beiboot, das dieses Chaos auf
wundersame Weise unbeschädigt überstanden hatte. Um zu ihm zu gelangen, musste
ich über das rutschige, schräge Deck laufen, das ständig von schäumenden Wellen
überspült wurde.
„Ich warte am Ufer auf
dich!”, rief meine Schwester mir zu, bevor sie in die Tiefe gezogen wurde.
Die Level-2-Ratte, die
unter der Kontrolle meiner Schwester stand, schwamm an mir vorbei. Sie hatte
die Verbindung zu ihrer Herrin verloren und war wieder als aggressiv markiert.
Doch sie war nicht im Geringsten an mir interessiert. Sie ruderte verzweifelt
mit ihren Pfoten und versuchte, gegen die tobenden Elemente anzukämpfen.
Nachdem eine Welle verebbt war, rannte ich über das schräge Deck auf das
Beiboot zu.
Die Prüfung deiner
Beweglichkeit war positiv.
Verdiente Erfahrung: 8
EP
Bevor der nächste
Brecher in das beschädigte Schiff krachen konnte, gelang es mir, den offenen
Bereich zu überqueren und mich an der Seite des leinenbespannten Beibootes
festzuklammern.
Erhaltene
Mission: Das Beiboot benutzen
Missionskategorie:
Freigestellt, Training
Belohnung:
80 EP, kleiner Beutel
Das Beiboot war an ein
paar Seile gebunden, die zu einem Kran an der Seite des Schiffs führten. Am
Kran befand sich eine Kurbel, die ich drehen musste, um das zerbrechliche
Beiboot zu Wasser zu lassen. Während ich die Kurbel betätigte, waren meine
Empfindungen unglaublich realistisch. Ich vergaß vollkommen, dass ich mich in
einem Spiel befand. Der Sturm, das Knirschen der gedehnten Seile, die
schäumenden Wellen, die Kälte und der Geruch von Seetang schafften eine äußerst
realitätsnahe Umgebung. Meine verletzte linke Hand brannte im salzigen
Meerwasser wie Feuer. Es war anstrengend, die Kurbel nur mit meiner gesunden
Hand zu drehen, bis das Boot endlich das Wasser erreichte.
„Da bist du ja,
Goblin!” Trong Tauchers Stimme ertönte hinter mir.
Ich drehte mich um. Der
Najadenmann grinste breit und setzte sich auf die Seitenwand der Galeere.
„Dieses Wetter ist
genau das Richtige für mich. Ich liebe das stürmische Meer. Gut, du ruderst im
Boot und ich schwimme unter Wasser. Wir treffen uns am Ufer.”
Mit diesen Worten
sprang der Fischmensch über Bord. Auf einmal sah ich, dass er einen Dreizack in
der Hand hielt. Ich wusste nicht, woher er ihn bekommen hatte, doch er besaß jetzt
eine Waffe. Es sah nicht gut für mich aus!
Ich ließ das Seil los
und ergriff das Ruder. Verflixt! Mit meiner linken Hand allein konnte ich nicht
rudern, darum zog ich es aus dem Ring und ergriff es mit beiden Händen. Auf
diese Weise war es viel einfacher. Beim Rudern verlor ich nach und nach
Ausdauerpunkte, doch darüber machte ich mir keine Sorgen, denn ich hatte noch
viele übrig. Ich navigierte um zerklüftete Felsen herum, die aus dem Wasser
ragten, und steuerte das Boot auf eine Lagune zu. Hinter den Riffen, die als
natürliche Wellenbrecher dienten, war das Meer viel ruhiger. Einige Minuten
später erreichte ich eine Sandbank, die sich wie ein dünnes Band ins Meer zog.
Meine Schwester wartete am Ufer auf mich und winkte schon von Weitem. Sobald
mein Fuß den nassen Sand berührt hatte, leuchtete mein Körper auf:
Die
Mission „Das Beiboot benutzen” ist abgeschlossen.
Verdiente
Erfahrung: 80 EP
Die
Mission „Flucht von der Sklavenhändler-Galeere” ist abgeschlossen.
Verdiente
Erfahrung: 80 EP
Level
3!
Freigeschaltete
Volksfähigkeit: Apathie der Unsterblichen (hält 3 Stunden an, verbraucht 20 EP)
Na gut, aber wo war
mein Beutel? Ich sah unter der Ruderbank nach und fand einen Leinenbeutel zum
Umhängen.
Kleiner Beutel: + 10
Inventarplätze
Ich wollte meine neuen
Attributpunkte verteilen, bevor Trong ans Ufer kam. Stärke und Konstitution
erhöhten sich standardgemäß, von den übrigen 3 Punkten wies ich Konstitution
noch 1 und Beweglichkeit 2 Punkte zu. Jetzt hatte ich 39 Trefferpunkte.
Gerade war ich mit dem Verteilen
fertig, da tauchte Trong Taucher aus dem Meer auf und kam auf die Sandbank.
Sein Körper leuchtete ebenfalls in bunten Farben, auch er hatte Level 3
erreicht. Als der Fischmensch mich böse angrinste, entdeckte ich mehrere Reihen
nadelspitzer Zähne. Plötzlich klappte er seine leuchtend roten Rückenflossen
auf und kreischte wütend. Er hatte die andere Spielerin entdeckt, die sich
nicht weit von mir befand.
„He, das ist meine
Trophäe!”, rief Trong Taucher und zeigte mit seinem Dreizack auf mich. „Ich habe
ihn seit dem Beginn des Spiels gehütet!”
Die Nymphe antwortete
dem hinterlistigen Najadenmann nicht. Stattdessen erschien zwischen ihren
Handflächen die helle, blaue Flamme eines Zaubers, den sie wirkte.
„In Ordnung, wir können
ihn uns teilen”, schlug Trong Taucher vor, doch dann griff meine Schwester an.
Der Eispfeil pfiff los,
überbrückte die Entfernung zwischen den beiden und zerbrach in vielen Teilen
auf den Schuppen des Najadenmannes. Seine Gesundheit fiel sofort um ein
Viertel. Der Zauber, der 40 Trefferpunkte wert war, hatte sie aber nur um ein
Drittel reduziert! Wie viele Trefferpunkte hatte Trong Taucher?
„Das hast du wohl nicht
erwartet, Nymphe, was?”, lachte der Fischmensch hämisch. „Ich verfüge über eine
natürliche Resistenz gegen Wassermagie!”
Trong Taucher nahm
seinen Dreizack fest in die Hand und stürmte auf meine Schwester zu, um sie
daran zu hindern, einen weiteren Zauber zu wirken. Ohne zu überlegen rannte ich
ihm nach. Auf halbem Weg wurde der Najadenmann plötzlich von einer Level-1-Krabbe
blockiert, die aus dem Meer auf die Sandbank krabbelte. Er verlangsamte seine
Schritte und erledigte das unerwartete Hindernis mit einer schnellen Bewegung
seines Dreizacks. Doch diese kleine Verzögerung reichte aus, um ihn einzuholen
und ihm mein Messer in den Rücken zu stoßen.
Zugefügter Schaden: 9
(11 Stich mit rostigem Küchenmesser – 2 Rüstung)
Trong Tauchers
Lebensbalken sank, jedoch nur um 10 Prozent. Wenn ich die Fertigkeit Dolch
gewählt hätte, wäre mein Stich in den Rücken vielleicht ein kritischer Treffer
gewesen. Doch so war Trong wahrscheinlich eher von meiner Frechheit überrascht
als durch meinen Angriff verletzt.
Er drehte sich zu mir
um. „Jetzt habe ich dich, Amra! Du kannst dich nirgends mehr verstecken!”
In dem Moment flog noch
ein Eispfeil in den Rücken des Fischmenschen und reduzierte seine Gesundheit
auf 40 Prozent. Die Farbe seines Lebensbalkens wechselte von grün auf gelb.
Trong Taucher zuckte
vor Schmerz zusammen. „Das hat nichts zu bedeuten. Ich überlebe ohne Probleme
noch einen dieser Eiszapfen-Angriffe und dann habe ich 2 nette Trophäen: dich
und die Nymphe! Die 60 Erfahrungspunkte, die ich dabei verdiene, sind genug, um
mich direkt auf Level 5 zu bringen!”
Mit diesen Worten
machte der Najadenmann einen Satz nach vorne und stach mir mit seinem Dreizack
in die Brust. Ich versuchte, dem Angriff auszuweichen, doch es gelang mir
nicht. Mistkerl! Das tat verdammt weh!
Erlittener Schaden: 34
(Dreizack-Stoß von Spieler Trong Taucher)
Gesundheit: 5/39
Durch den stechenden
Schmerz verpasste ich die Chance, ihn erneut zu treffen. Der Fischmensch sprang
von mir weg, sodass ich ihm keinen weiteren Messerstich versetzen konnte.
Glücklicherweise zögerte meine Schwester nicht und schoss meinem Angreifer noch
einen magischen Eispfeil in den Rücken. Trong Tauchers Gesundheit blinkte rot,
doch er lächelte nur unheimlich.
„Ha! Ich habe überlebt!
Jetzt bist du tot und ich bekomme alle Gesundheitspunkte zurück, nachdem ich
gelevelt habe!” Trong sprang wieder auf mich zu und stieß mit seinem Dreizack zu.
Mit einem unglaublichen
Sprung und anschließendem Salto vorwärts entkam ich den scharfen Spitzen in
seiner erhobenen linken Hand. Durch diese Aktion sanken meine Ausdauerpunkte
erheblich. Weil er so dicht bei mir stand und wir gleich groß waren, stach ich
ihm unvermittelt in seine fein geschuppte Kehle.
Zugefügter Schaden: 16
(18 Stich mit rostigem Küchenmesser – 2 Rüstung)
Verdiente Erfahrung:
120 EP
Du
hast mit der Fertigkeit Ausweichen Level 4 erreicht!
Möchtest du Akrobatik
(Bew, Str) als Nebenfertigkeit wählen?
Das war es also! Bei
meinem Versuch, dem sicheren Tod auszuweichen, der auf meine Brust zusteuerte,
hatte ich nicht nur Ausweichen eingesetzt, sondern auch Akrobatik! Was sollte
ich tun? Die Fertigkeit war zum Überleben von Nutzen, daher wählte ich sie. In
der Ferne leuchtete die Nymphe wieder auf, sie hatte bereits Level 4 erreicht.
Nachdem die
Formalitäten erledigt waren, sah ich mich um. Trong Tauchers Leiche lag im
flachen Wasser und leuchtete leicht. Ich beugte mich zu ihr hinunter und
versuchte, den Dreizack aufzuheben, der im Sand lag, doch meine Finger griffen
durch den Gegenstand hindurch. Offensichtlich war die Waffe nach den Regeln der
Spielwelt nicht gedroppt worden, sie befand sich noch in seinem Inventar. Das
war zu schade. Ich sah mir meinen besiegten Feind an. Es war nicht nötig, seine
Leiche zu durchsuchen. Stattdessen öffnete sich das Trophäenfenster. Meine
Beute bestand aus 3 Silbermünzen, 2 leeren Phiolen und einer mit einem Korken
verschlossenen Phiole, die eine blassblaue Flüssigkeit enthielt.
Deine Intelligenz
reicht nicht aus, um den Gegenstand zu identifizieren.
In Ordnung, ich würde
es später herausfinden oder sie meiner Schwester zeigen. Ich ging zu
Valerianna.
Die Waldnymphe war
verärgert. „Meine Tierbegleiter sterben zu schnell, die Ratten genauso wie die
Krabben. Was für eine Bestienmeisterin bin ich, wenn ich Tiere nicht mal unter
meiner Kontrolle behalten kann! Und jetzt habe ich die leuchtend rote
Markierung einer Kriminellen über mir. Ich musste den Najadenmann präventiv
angreifen, das bedeutet, dass ich ein Verbrechen begangen habe. Jetzt bleibt
mein Charakter 8 Stunden in der Spielwelt, auch wenn ich das Spiel verlasse.
Hast du dir die Karte mal angesehen?”
Ich schüttelte den
Kopf. Als ich einen Blick darauf warf, bemerkte ich, dass nur ein winziger
Kreis als entdecktes Gebiet aufleuchtete: das Meeresufer und unsere beiden
Charaktere. Außerdem sah ich eine riesige, schwarze Masse, die unentdecktes
Territorium darstellte. Ich vergrößerte den Maßstab, doch es waren keine
anderen Markierungen auf der Karte zu erkennen. Unser kleiner Kreis wurde nur
immer kleiner, bis er ein winziger Punkt war. Die Worte auf der Karte gaben
auch keine Informationen:
Koordinaten: ???
Region: ???
„Du verstehst es also”,
sagte die Nymphe, als sie den bestürzten, verwirrten Blick auf meinem grünen
Gesicht sah. „Wir befinden uns am Ende der Welt und der einzige bekannte
Spawnpunkt ist auf der zerschellten Galeere, zu der ich wirklich nicht wieder
zurückkehren will. Leider ist es heute bewölkt und es dauert nicht mehr lange,
bis es dunkel wird. Wir können nicht mehr viel machen, bevor die Nacht
anbricht. Dann ist unser Leben hier draußen in großer Gefahr. Es gibt keinen
Grund, am Ufer zu bleiben. Wir müssen uns einen sichereren Ort suchen.
Vielleicht haben wir Glück und finden andere Spawnpunkte. Dann wäre es nicht so
schlimm, wenn wir sterben, denn wir müssten nicht wieder von der stinkenden
Galeere entkommen.”
Ich stimmte Valerianna
zu: hierzubleiben war dumm. Also marschierte ich los, gefolgt von der
Waldnymphe. Wir gingen den Sandstrand hinunter und als wir gerade die dunklen
Büsche erreicht hatten, blinkte eine Meldung vor unseren Augen auf:
Herzlichen
Glückwunsch, du hast die Übungsmission erfolgreich abgeschlossen!
Willkommen
bei Reich
ohne Grenzen!
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